Ralph Schiller, FTI

FTI Marktführer Türkei
Erfolgsrezept gegen den Strom

Man kann durchaus sagen, es ist ein kleines Stück DNA beim Münchener Veranstalter FTI, gerne gegen den Strom zu schwimmen. Das war sehr deutlich in Ägypten so, als man trotz Reisewarnung munter weiter zum Urlaubsziel hielt; selbst, als alle anderen Veranstalter sich damals brav an die politisch motivierte Warnung hielten und ziemlich sauer reagierten. Heute ist FTI Marktführer am Nil und genießt höchsten Respekt bei Hoteliers und auch der Regierung. Das war überhaupt im arabischen Raum so. Beispiel Marokko, Beispiel Vereinigte Arabische Emirate. Alles Ziele, wo Dietmar Gunz stur blieb und antizyklisch weiter investierte. Lohn: heute Marktführerschaft.

Manchmal wollte es auch nicht klappen. Zum Beispiel beim Ausflug in die Luxushotellierie, den FTI startete, als man gerade weltweit angesichts der Finanzkrise auch die gängigen 5-Sterne-Herbergen als Veranstalter für nen Appel und nen Ei einkaufen konnte. Aber goldene Kataloge vermochten es dennoch nicht, der überwiegend bürgerlich-schlichten Klientel der Münchener das hochkarätige Logieren schmackhaft zu machen. Da war die Schwellenangst, nichts ins Mobiliar zu passen, einfach zu hoch. Ergebnis: Gold ist Geschichte. Und beim neuerlich erfolgten Ringtausch-Erwerb von Windrose will man peinlich darauf achten, dass nach außen eine klare Brandmauer bestehen bleibt zwischen Luxus und günstiger Landverschickung.

Bleibt die jüngste Erfolgsstory für FTI: Die Türkei, deren politisches Personal in den letzten Monaten alle Anstrengungen unternahm, zum Paria zu werden in der demokratischen Staatengemeinschaft. Es gibt kein anderes Land, dem Deutschland so verbunden war, das zur Zeit derart fast gehasst wird von den meisten Deutschen. Erdogan ist das Feindbild Nummer 1, noch weit vor Trump und Kim – eben weil der tägliche Konflikt und seine Empörung uns so nah sind. Und was macht FTI? Als fast alle anderen Veranstalter umrouteten in andere Mittelmeer-Ziele, blieb man der Türkei treu. Nicht unbedingt aus persönlicher Überzeugung. Denn das, was Erdogan und seine Machtclique derzeit veranstalten, wird in München beim persönlichen Gespräch genauso kritisch gesehen, wie bei den anderen Tourismus-Managern. Aber man machte aus der Not eine Tugend. FTI kann nicht so einfach wie die TUI oder andere Touristenströme einfach umlenken. Seine Verwurzelung in den anderen Zielgebieten ist nicht so robust, als dass man es sich gut leisten könnte, in einen Wettstreit um Kapazitäten einsteigen zu können.

Also setze FTI weiter auf die Türkei und kalkulierte kühl mit der Geldbörse. Es gibt halt eine große Urlauberzahl in Deutschland, vor allem auch Familien, für die Ferien eine klare Budget-Entscheidung sind. Und die nicht ganz unrichtig zum Ergebnis kommen, sie seien politisch nach außen gar nicht aktiv, wollten nur ein schönes AI-Hotel am Strand, eine gute Verpflegung und perfektes Gastgebertum, und ein bisschen Spaß im Bazar nebenan. Bei denen wurde die Türkei als Staat einfach ausgeklammert und auf die Hotelanlage reduziert.

Und weil FTI dann mit gnadenlos günstigen Preisen und Kapazitäten am Start war, konnte man voll von dieser Klientel profitieren. Die meisten buchten übrigens nicht im Reisebüro. Jetzt rühmt man sich in München mit mühsam unterdrückter dicker Hose, auch in der Türkei zum Marktführer aufgestiegen zu sein.

Davon kann man sich zwar nichts kaufen. Aber es wird in Hannover und an anderen Standorten schmerzen, dass FTI wieder mal Hase und Igel spielen konnte.

Nächstes Jahr feiert man 35 jähriges Bestehen. Anlass genug, neben der Programmvorschau auf den Sommer 2018, für ein ausführliches Gespräch mit FTI Manager Ralph Schiller.

 

 

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