Berno Rischmann, TUI

Quo vadis Zypern?
Wer braucht die Insel im Osten?

Es ist ein vielleicht etwas gewagter Vergleich… – aber was haben Zypern und die Kapverden gemeinsam? Beide sind ganz neutral als Destination betrachtet gute Produkte mit viel Potential. Und beide kommen seit vielen Jahren nicht raus aus ihrer Nische des Mauerblümchens im organisierten, deutschen Tourismus. 

Warum nicht? Bei beiden, natürlich sehr unterschiedlichen, Zielgebieten stimmen die Rahmenbedingungen nicht unbedingt für eine erfolgreiche Vermarktung in Deutschland. Im Vergleich zu anderen ähnlichen Destinationen werden sie vom Kunden doch nicht so favorisiert, vielleicht wegen des Preises oder des nicht passgenau abgestimmten Angebots für die größte Gruppe im Volumenmarkt, und dem Fehlen an der Grundvoraussetzung für einen guten Verkauf:  bequemen, preiswerten und zahlreichen Flugverbindungen.

Natürlich hat Zypern unbestreitbare Vorzüge. Selbst, wenn wir nur über den griechischen Teil reden. Die Strände sind zwar lange nicht so schön, wie im türkisch besetzten Norden, aber immer noch, vor allem um das östliche Ayia Napa herum, perfekt Familien-tauglich. Wenn man will, kann man auf Zypern genug genießen. Die Insel ist landschaftlich vielfältig – bis hinein ins Trodos Gebirge (ein Viertel der zypriotischen Fläche ist Wald) oder das im Westen liegende Akamas Naturschutzgebiet. Es gibt viel Kultur zu entdecken, Paphos war sogar Europäische Kulturhauptstadt, und die Städte Limassol, Larnaca und Nikosia haben eine besucherfreundliche Größe und Authentizität.

Und ja, wenn man britische Urlauber mag, dann ist man auf der Insel goldrichtig. Sie sind nach wie vor der beherrschende Markt. Das muss man wissen, wenn die TUI erklärt, sie bringe etwa 500.000 Menschen jedes Jahr auf die Insel. Ja, Konzernweit. Der deutsche Anteil beträgt gerade mal etwa 40.000 Gäste. Von den 200.000 Deutschen insgesamt pro Jahr – die bei einem Gästevolumen von insgesamt 3,5 Millionen wirklich keine Dominanz zeigen.

Zypern hat es also nicht leicht bei uns. Es verspricht griechische Lebensart, aber ist doch nicht so griechisch klischeehaft, wie das Original. Manchmal ist das positiv. Denn wo in Griechenland könnte man sonst im Februar im Meer baden? Auf welcher Insel gibt es ausgedehnte Wälder, sogar mit Rehen und Füchsen? Wo wird man nicht täglich mit Feta traktiert, sondern mit Halumi? Ok, das Letztere ist nicht ganz ernst gemeint, denn Halumi ist eher was für Menschen, die auch Schuhsohlen lecker finden 🙂

Bei den Preisen dagegen kalkulieren die Zyprioten gerne mal etwas teurer, als ihre buckelige Verwandtschaft westlich. Und da im Norden, noch nicht mal 100 Kilometer entfernt, eine, von der Hardware und der Freundlichkeit der touristischen Gastgeber gesehen, schwer erreichbare Alternative lockt. Die türkische Küste bietet im Sommer für den Volumenmarkt mehr, für weniger Geld. Das muss man einfach konstatieren. Auch, wenn Erdogan einem das Reisen in sein Land seit Jahren erfolgreich vermiest.

Der zypriotische Sommer wird es meiner Meinung nach also weiter schwer haben auf dem deutschen Markt. Und der Winter? Der hätte Potential zur Boom-Region. Milde Temperaturen, ein perfektes Wandergebiet, schöne Golfanlagen im Westen der Insel und Traumstrassen, die darauf warten, mit dem Fahrrad erforscht zu werden. Alles paletti? Tja, wenn die zypriotischen Touristiker könnten, wie sie wollen… Aber es ist halt eine Behörde zuständig. Und da geht man beamtenmäßig nicht gerne ins Risiko, erst mal für eine Infrastruktur zu sorgen im Winter, und für subventionierte Flüge, um eine Destination auch für Veranstalter mit gebremstem Risiko aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Die Henne und das Ei…

Ich sprach mit Berno Rischmann, bei der TUI zuständig unter anderem für Zypern, über die Hürden, die ein Unternehmen überspringen muss, um vielleicht mal von den Würden eines später prosperierenden Ziels profitieren zu können.

Das Interview mit Berno Rischmann hören Sie, wenn Sie auf den Play Button im Portraitbild klicken

 

 

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