Jürgen Drensek im Gespräch mit Ingo Nommsen, ZDF Volle Kanne

Reisebüro oder Online-Buchung?
Was im Internet bei Urlaubs-Buchung zu beachten ist

Früher war es eine klare Sache. Wenn man eine Urlaubsreise bucht, wälzt man Kataloge und geht ins Reisebüro. Heute hat man den Eindruck, das machen alle nun im Internet. Stimmt das?

Das Alleinstellungsmerkmal des Reisebüros für die Urlaubsbuchung ist tatsächlich Vergangenheit. Es ist zwar schwer, an genaue Zahlen zu kommen, da man ja den Begriff Reise nur schwer definieren kann, aber weit über die Hälfte von Reisen mit mindestens einer Übernachtung wird heute am Computer gebucht. Und ich sage bewusst „gebucht“, denn bei der Information vorher spielt das Internet mittlerweile eine herausragende Rolle. Da werden heute oft Stunden und Nächte auf Webseiten verbracht, bis die Entscheidung reift.

Ist das denn für jeden machbar? 

Im Prinzip ja. Es kommt natürlich auf das Produkt an. Also ein Bahn, Bus oder Flugticket, das schafft wohl jeder. Bei einer Urlaubsreise kann das schon tricky werden. Wenn ich ein eindeutiges Paket von der Stange buche, also Flug, Transfer, Hotel ohne Veränderungsmöglichkeit, dann ist das auch relativ klar. Faustregel: je mehr Flexibilität ich haben möchte und Sonderwünsche, umso unübersichtlicher wird es. 

Vielen geht es ja vor allem auch um den Preis. Wie bekomme ich denn einen Überblick über günstige Angebote?

Nun gibt es ja diverse Startseiten. Ich möchte aus Wettbewerbsgründen jetzt da keinen Namen nennen. Da kann man seine Wünsche in die Suchmaske eingeben – also vielleicht das Ziel, den Zeitraum und womöglich auch noch das Hotel – und dann kommt eine lange Liste von Suchtreffern, schön geordnet vom vermeintlich billigsten Angebot ganz oben. Aber auch hier ist der Teufel leider im Detail verborgen. Die Frage ist nämlich: welche exakte Leistung steht hinter dem Preis? Ein Flug zur angenehmen Zeit? Nonstop oder mit Umweg? Transfer zum Hotel? Reiseleitung? Kategorie des Zimmers? Verpflegung? Also man muss sehr genau vergleichen, um ein Lockangebot von einem Schnäppchen unterscheiden zu können. Viele Anbieter schnüren Pakete, die proforma billig sind, damit sie weit oben platziert werden.

 Kann es sein, dass die exakt gleiche Reise auf unterschiedlichen Portalen zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird? Wenn ja: Wie finde ich das günstigste Angebot?

Die exakt gleiche Reise wird man eigentlich nie zu unterschiedlichen Preisen finden. Das liegt am Handelsvertreter-Status. Jeder, der mit einem Veranstalter zusammenarbeitet, bekommt denselben Preis. Egal, ob nun Reisebüro oder OTA (Online Travel Agency). Also das TUI Paket mit Flug, Transfer, Reiseleitung und Hotel wird überall gleich viel kosten. Es kann aber sein, dass vielleicht FTI dasselbe Hotel auch anbietet mit Flug, Transfer und Reiseleitung, und günstiger. Vielleicht ist es eine andere Fluglinie, die Reiseleiter vor Ort sind natürlich andere, als beim Konkurrenten, vielleicht dauert der Transfer etwas länger, weil mehrere Hotels angefahren werden… Wie ich schon gesagt habe, kann man aber auch deutlich günstigere Angebote auf den Vergleichsportalen finden. Die sind dann in der Regel Klick & Mix, also Reisen, die aus Bausteinen zusammengesetzt sind. Rechtlich ein ganz unterschiedliches Angebot.

Jürgen Drensek Im ZDF Volle Kanne Studio

Aber das kann dem Internet-Bucher doch egal sein, unter welchem Fähnchen und mit welchem Kofferanhänger er reist?

Nicht unbedingt. Flug hatte ich ja schon gesagt. Da macht es schon einen großen Unterschied, wann, und wie bequem ich fliege. 

Transfer: manchen ist das egal. Also wenn ich nach Miami fliege, brauche ich keinen Transfer. Da kann ich auch rasch ein Taxi nehmen nach South Beach. 

Wenn ich aber als Familie unterwegs bin, vielleicht noch mit kleinen Kindern, und dann noch ein Ziel habe, wo das Hotel vielleicht 50 km oder mehr vom Flughafen entfernt ist, und abends ankomme – da möchte ich vielleicht nicht am Flughafen auf die Suche nach einem ehrlichen Taxifahrer gehen… 

Reiseleitung: na ja, wer braucht sie, wenn alles gut läuft? Aber im Krisenfall ist es ein Riesenunterschied, ob ich eine Veranstalterreise gebucht habe, oder mir durch ein Klick & Mix Einzelkomponenten zusammenstellen ließ, und für alles selbst verantwortlich bin vor Ort…

Wenn ich das Hotel, das in einer Pauschalreise angeboten wird, direkt anfrage: Kann ich damit rechnen, dass das dann günstiger ist, weil ja kein Zwischenhändler mehr mitverdient?

Nicht unbedingt. Natürlich, wenn ich vor Ort bin und an die Rezeption gehe, dann werde ich bestimmt einen guten Preis aushandeln können, sollten noch Zimmer frei sein. Vor allem also in kleineren Hotels, die nicht so im Fokus der großen Veranstalter sind. In den Volumenzielen haben viele Strandhotels so viele Veranstalter im Haus, dass sie zur Hauptsaison kaum noch Kapazitäten frei haben. Abgesehen davon ist es ja auch nicht so einfach von Deutschland aus, mit der Sprachbarriere bei einer Rezeption zB. in Griechenland anzurufen. Jetzt könnte man schauen, ob das Hotel auf Plattformen angeboten wird. Da hat man vielleicht das Glück, dass der Tagespreis günstiger ist, als der Veranstalterpreis. Bleibt noch das Problem, das restliche Paket auch noch individuell buchen zu müssen.

Gibt ja zwei typische Varianten: Ich buche eine Pauschalreise oder ich buche die Anreise, die Unterkunft, den Mietwagen etc. einzeln. Wem (welchem „Typ Urlauber“) würden Sie welche Variante eher ans Herz legen?

Pauschalreise ist immer gut für Menschen, die es gerne stressfrei und bequem haben möchten. Alles ist vorab gebucht, und der Veranstalter muss dafür sorgen, dass sich meine gebuchte Reise auch exakt so bekomme. Bei Familien mit kleinen Kindern würde ich das empfehlen, wenn es weiter weg geht, als nach Österreich. Klick & Mix ist gut, wenn man flexibel ist, reiseerfahren, und sich auch mal vor Ort selbst zurechtfindet. Wenn man also keinen Transferbus braucht, sondern schaut, ob es auch eine gute Taxi- oder Busverbindung gibt vom Flughafen. Oder wenn man eh einen Mietwagen bucht vor Ort. Aber man genießt dann eben auch nicht den Schutz des Pauschalreise-Rechts. Das muss man sich immer vor Augen führen.

Gibt es da eigentlich einen Unterschied, mit welchem Gerät ich buche? Also welchen Computer ich habe, oder welches Smartphone ich nutze?

Diese Legenden halten sich sehr hartnäckig. Dass ich also über meinen Gerätecode, meine IP Adresse und andere Cookies auf dem Rechner schon so ausgeschnüffelt bin, dass ich als vermögender Mensch aus einem guten Stadtviertel mit einem teuren Macbook anders behandelt werde als jemand mit Ramsch-Smartphone aus einem sozialen Brennpunkt. Es gibt da einige Billig-Airlines, die das mal versucht haben, ohne großen Erfolg, hinterher mehr Umsatz zu machen. 

Aber nehmen wir mal ein Vergleichsportal. Da wäre so ein Filter ohne Wert, da die angezeigten Preise ja aus ganz anderen Datenbanken kommen und in Sekundenbruchteilen eingepflegt werden. 

Es wird eher mit Zückerchen gearbeitet, um einen Buchungsklick zu erzeugen. Da gab es mal einen Versuch eines großen Veranstalters aus Hannover, da wurden die Bewegungen des Mauszeigers analysiert. Und wenn der sich gefährlich nah zum X bewegte – also Seite schließen – da poppte manchmal ein Kästchen auf, Gutschein, ich glaube 50 €, wenn du innerhalb von 72 Stunden hier oder im Reisebüro buchst. Das ist viel effektiver. 

Haben im Film gehört: Frühbucherrabatte gibt’s oft noch bis Ende Januar. Wieviel machen diese Rabatte wirklich aus? Oder sind das doch eher nur Lock-Begriffe, damit wir uns früh festlegen?

Frühbucher-Rabatte sind das neue Last Minute bei den Veranstaltern… Jetzt in diesen Tagen und Wochen entscheidet sich eigentlich schon das touristische Jahr 2019. Nach Weihnachten wird massiv gebucht. Und um das noch mehr anzuheizen, geben viele Veranstalter wirklich attraktive Frühbucher-Rabatte. Zahlt sich aus. Denn wenn man die Buchungen frühzeitig im Kasten hat, kann man auf Veranstalterseite auch die Flüge perfekt buchen. Spart also viel Geld. Last Minute wird immer schwerer, weil wir auch im Flugmarkt nicht mehr so viele Überkapazitäten haben. Man bekäme also vielleicht ein günstiges Hotel auf den letzten Drücker, weil die Region doch schlechter läuft, als erwartet… Aber es gibt keine passenden Flüge…

Meist wird mir bei der Buchung eine Reiserücktrittsversicherung angeboten. In welchen Fällen würden Sie die empfehlen, in welchen nicht?

Eine solche Versicherung macht Sinn vor allem bei teuren Reisen. Aber sie deckt im Regelfall auch nur wirklich einschneidende Gründe ab, nicht den Urlaub antreten zu können. Selbst schwer erkrankt, oder ein ganz naher Angehöriger. Selbst bei plötzlicher Arbeitslosigkeit ist auf keinen Fall sicher, dass eine Versicherung einem dann die Stornokosten abnimmt.

Kann ich denn einfach von einer Buchung zurücktreten? Also mitten in der Nacht gebucht, und am Morgen macht mir die Familie die Hölle heiss, weil sie nicht in die Berge wollen, sondern zum Meer…

Nein, das geht nicht. Eine Reise buchen im Internet, wird anders bewertet, als wenn ich einen Pullover kaufe. Da sagt die Rechtsprechung: einen Pullover kann ich ja nicht anfühlen oder anprobieren vor dem Kauf. Da muss ich ein Rückgaberecht bekommen von 14 Tagen. Eine Reise ist ein nicht-stoffliches Produkt. Da kann man nur stornieren. Allerdings nur zu den Bedingungen des Vertragspartners.

Also worauf muss ich unbedingt achten, wenn ich online eine Reise buchen möchte?

Genau schauen: ist es eine Pauschalreise im rechtlichen Sinn, bei der ich viel Verbraucherschutz genieße? Oder eine Bausteinreise, die zusammen gemixt wurde, und wo ich mich, im Falle eines Falles selbst um alles kümmern muss. Klassischer Fall Kreuzfahrt. Schiff gebucht und Flug extra gebucht, weil ja viel billiger, als bei der Reederei. Flug verspätet sich. Schiff ist weg. Ich steh doof da. Kein Regress. Kein guter Urlaub…

Sind im Angebot die Komponenten drin, die mir wichtig sind? Bestimmte Zimmer-Kategorie, Transfer, guter Flug?

Habe ich alles exakt und richtig ausgefüllt? Richtiger Name, wie im Pass, richtiges Geburtsdatum. Hinterher kann man nichts mehr ändern, oder nur gegen hohe Gebühren.

Und vor allem: will ich es mir antun mit den vielen Stunden Internet? Oder ist es nicht praktischer, ins Reisebüro zu gehen zu den Experten und alles im Regelfall preisgleich buchen zu lassen…?Sollen die sich doch die Arbeit machen..

 

 

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