Zwar gilt die Touristik als Schön-Wetter-Branche, aber leider ist sie auch mitverantwortlich dafür, dass das Welt-Wetter zunehmend geschädigt wird. Auf dem 22. Tourismusgipfel des BTW, also des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft, im Berliner Adlon ging es deshalb dieses Jahr schwerpunktmäßig ums Klima. Das lustvolle Reisen durch die Welt geschieht nämlich, oh Wunder, nicht emissionsfrei – ganz abgesehen von einigen nachhaltigen Schieflagen im sozialen Bereich.
Und selbst dem eingefleischesten Verkäufer von Billig-Pauschaltrips dämmert es, dass die Branche sich keinen schlanken Fuß machen kann in der gerade engagiert geführten gesellschaftlichen Diskussion um einen verantwortungsvollen ökologischen Fußabdruck.
Ein kleines Flucht-Hintertürchen wollten sich die Touristiker dennoch offen halten. Denn nicht ohne Hintersinn hieß das Leitmotiv der Veranstaltung: „Weltklima und Reisen – Ausflug ins Machbare“… Übersetzt, klar sind wir für Klimaschutz, aber nur, solange er unser Geschäftsmodell nicht grundsätzlich in Frage stellt.
Dieses „halb zog sie ihn, halb fiel er hin“ endete jedoch spätestens beim Impuls-Vortrag des streitlustigen Gründers des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-Forschung, Professor Hans Joachim Schellnhuber.
Die wissenschaftlichen Szenarien sind angetan, unruhige Träume zu verursachen. Und allen, die sich immer noch zu gerne in die Tasche lügen, schrieb der Professor kühl und sachlich in die „es wird schon nicht so schlimm kommen“-Kladde: Die Geophysik kümmert sich nicht um politische und lobbyistische Diskussionen.
Es gibt Kipp-Punkte, ab denen das Grauen nicht mehr aufzuhalten ist – egal, welche Anstrengungen man dann auch unternimmt. 1,5 Grad plus ist so ein Kipp-Punkt. Er würde dafür sorgen, dass die Korallenriffe weltweit verschwinden (unmittelbare Auswirkung auch auf den Tourismus), dass, wenn das Eis schmilzt, ein Drittel der Welterbestätten unter Wasser liegen (unmittelbare Auswirkung auch auf den Tourismus), dass Hitzewellen und Überschwemmungen stark zunehmen (unmittelbare Auswirkungen auch auf den Tourismus), dass viele beliebte Reiseziele auf einmal so heiss werden, dass ein längerer Aufenthalt draußen mit tödlicher Gefahr verbunden wäre. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ganz abgesehen davon, dass im auftauenden Permafrost ab 1,5 Grad plus so viele Treibhausgase wieder in die Atmosphäre freigesetzt werden, dass der Teufelskreis sich noch schneller dreht.
Momentan befindet sich der Tourismus noch in einer Art Komfortzone. Die Kunden sind zwar in Umfragen alle natürlich für Umweltschutz, aber sie buchen nicht entsprechend. Nachhaltiger Urlaub mit einhergehendem Komfortverzicht ist vielleicht etwas, das sich gut macht, wenn man Konzepte für Auszeichnungen einreicht, aber wirtschaftlich spielen sie so gut wie keine Rolle.
Kein Urlauber mag eine Müllhalde neben dem Hotel oder einen schmuddeligen Strand, da wird der Veranstalter schon in die Pflicht genommen, aber ansonsten reduziert sich der eigene Beitrag zum Klima überwiegend auf den Stolz, das Handtuch zum zweiten Mal zu benutzen…
Diese gefühlige Gemengelage war denn auch der Ausgangspunkt für das Gespräch, das ich am Rande des Tourismusgipfels mit BTW-Präsident Dr. Michael Frenzel führte.
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