Wenn es um Reisemessen geht, ist die ITB unbestreitbar der Platzhirsch. Weltweit. Bei dem, was geschäftlich unter dem Funkturm bewegt wird, kommt keine andere Messe mit. Die ITB ist eben eine Fachbesucher-Veranstaltung. Das tut dem Business zwar gut, nicht allzu sehr abgelenkt zu werden durch Tingeltangel und Schnickschnack, aber führt auch dazu, dass der Endkunde sich seit Jahren eher so als 5. Rad am Wagen fühlt. Nur noch am Wochenende ist er gelittener Gast. Da wird dann auch einiges von wenigen Standbetreibern aufgefahren an Amüsement. Aber in der Regel bleibt es doch beim Austausch des Standpersonals. Viele Destinations-Profis verabschieden sich bereits am Freitagnachmittag aus den Messehallen. Am Wochenende sind dann die Prospekt-Verteiler dran.
Die ITB-Leitung bemüht sich zwar nach Kräften, am Wochenende ein schönes folkloristisches Programm auf die Beine zu stellen, damit das Motto „Die ganze Welt an einem Tag“ nicht nur durch bunte Broschüren erfüllt wird. Aber angesichts der Informationsmöglichkeiten durch das Internet bleibt es doch ein Phänomen, warum sich am Wochenende so viele – vorwiegend Berliner – durch die Hallen drängeln… Liegt wohl in den Genen der ehemaligen Frontstadt-Bewohner… Wenn Messe, da musste hin: Amüsemang und was gratis zu futtern oder abzugreifen gibt es auch 🙂
Dabei gibt es für reisehungrige Privatpersonen, die im Urlaub mehr erleben wollen als einen pauschal konfektionierten Hotelurlaub, eine wunderbare Alternative: das Berlin Travel Festival, das am ITB-Freitag beginnt und bis Sonntag läuft. Nicht in einer der Messehallen, sondern ganz eigenständig in der Kreuzberger Arena in der Eichenstrasse 4. Jetzt könnte man denken, oh, ein kleiner Konkurrent für die ITB hängt sich da frech an. Aber mitnichten. Obwohl das Travel Festival eine komplett eigenständig organisierte Veranstaltung ist, wird sie von der ITB freundlich unterstützt. Fachbesucher werden ermuntert, dort einmal vorbei zu schauen. Sogar kostenlos, weil ihre Ausweise auch beim Travel Festival gelten.
Für die ITB ist die Veranstaltung eine Art von Labor. Dort liegt der Fokus auf einer Zielgruppe und eine Reiseform, mit der der organisierte Volumen-Tourismus offenkundig noch etwas schwächelt. Die meisten Besucher auf dem Festival sind so zwischen Mitte 20 und Ende 30, abenteuer-, und entdeckungslustig. Wollen nicht so gerne in Touristenzentren unterwegs sein, Natur-verbunden und sehr lifestylig.
Sie sind begierig nach Informationen und Austausch über das Netz, schätzen aber auch die Experten-Beratung durchaus. In der momentanen Struktur der ITB würde es daher wenig Sinn machen, solche Ansprüche innerhalb der Publikumstage befriedigen zu wollen.
Dann schon lieber eine Spezialveranstaltung, die die spezielle Nachfrage bündelt und befriedigt. Nach der Überlegung: die Festivalbesucher von heute… irgendwann sind sie auch etabliert, und pilgern zum Funkturm… Wenn es die Messe dann noch gibt 🙂
Mit dem Organisator des Berlin Travel Festivals, Bernd Neff, habe ich mich getroffen, um über sein Konzept zu sprechen.
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