Zwangsweise gehöre ich in meinem Beruf ja zu den Menschen, die vergleichbar sehr oft in Hotels übernachten. Das bringt das viele Reisen halt so mit sich. Aber ich muss zugeben, sehr oft habe ich das Hotel schon vergessen, wenn ich nach dem Auschecken die Lobby verlasse.
Natürlich mache ich manchmal Berichte über außergewöhnliche Hotels, über luxuriöse Herbergen auf Zeit, oder solche, die mit einem außergewöhnlichen Design hervorstechen. Und das würde jetzt sehr manieriert klingen, wenn ich nicht zugäbe, dass das schon ein tolles Erlebnis ist, solche Orte kennenlernen zu dürfen – vor allem, wenn mehr dahinter steckt, als nur goldene Wasserhähne oder eine selbstverliebte Bühne eines Innenarchitekten (der leider in der Regel nicht viel von praktischen Notwendigkeiten hält)
Aber oft, wenn es um Reisefilme über Destinationen geht oder um die Teilnahme an Pressekonferenzen, sind es Hotels aus dem eher mittelpreisigen Segment, in denen ich schlafe. Ordentlich, aber ziemlich austauschbar.
Wenn ich privat unterwegs bin, oute ich mich deshalb als Fan von Airbnb und Co. Ich finde es einfach charmanter, zum Preis eines Hotelzimmers eine ganze Wohnung für mich zu haben und mich ein wenig der Illusion hinzugeben, den Ort fast wie ein Einheimischer zu erkunden.
Wenn Hotel, dann Luxus, um es mal richtig krachen zu lassen. Aber nur da, wo ich das Hotel auch als wichtigsten Anlass meines Aufenthalts sehe und all seine Annehmlichkeiten auch richtig genießen kann. Oder Budget à la Motel One, deren Konzept ist nach wie vor ziemlich genial finde.
Aber Hotels zwischen 100 und 200 Euro Rackrate die Nacht? Selten ein Genuss.
Letztens war ich in Klagenfurt. Eine Stadt mit Klang (und Flughafen), aber doch überschaubarer touristischer Attraktivität. Wie so viele Mittelstädte ein Ort, den man für sich erobern muss und der nicht mit einer A-List an Kodak Moments prahlen kann.
Ich war untergebracht direkt im Zentrum, am Neuen Platz, im Palais Porcia. Vier Sterne, und, wie mir versichert wurde, eine Attraktion in der nicht üppigen Hotelszene Klagenfurts. Von außen war ich noch ein wenig skeptisch. Eingezwängt zwischen C&A und dem Wahlkampfbüro des etwas fragwürdigen Team Kurz der pompös gestaltete Eingang, der erst mal in ein verlassenes Nichts führt. Eine leere Rezeption, abgesperrte Treppen und ein Schild neben dem Aufzug, das darum bittet, in die Rezeption hochzufahren in den 3. Stock. Das erinnerte mich dann schon an die legendären Berliner Etagen-Pensionen, die vor der Wende im Westteil der Stadt Synonym waren für den vorherrschenden Beherbergungsmief.
Aber dann… im dritten Stock… das Gefühl, Strasse und modernes Klagenfurt sind ganz weit weg, und der Gast stolpert in den feuchten Traum eines Bühnenbildners der Wiener Staatsoper. Ein bürgerliches Versailles aus Teppichen, Spiegeln, Marmor, Seidentapeten, Samtsesseln und Holzschnitzereien. Jeder Quadratmeter Wand und Boden ist üppigst dekoriert. Und, wie man auf den zweiten Blick feststellt, nicht mit Tinnef aus der Abteilung Pappmaché, sondern hochwertig und voller handwerklicher Kunst.
Ein Hotel, das aus jedem Staub anziehenden Kristall-Lüster und jedem Tröddelchen an Vorhang und Himmelbett schreit, ich bin extrem unpraktisch für das Reinigungspersonal. Ein Haus, in dem kein Zimmer dem anderen gleicht, und das so aus der Zeit gefallen ist, aber gleichzeitig zeitlos wirkt. Man kann es einfach nicht in eine Kategorie pressen. Entweder man liebt es, oder bekommt Atemnot. Kalt kann das Palais Porcia niemanden lassen.
Ich hatte das Glück und konnte Senior-Chefin Inge Unzeitig treffen, die mit ihrem Mann und nicht unerheblichem Geld aus Immobilien-Geschäften vor Jahrzehnten anfing, sich hier ihren kleinen Traum eines super-individuellen Hotels zu erfüllen. Eine Blaupause für gutes Gastgebertum.
Um mein Gespräch mit Inge Unzeitig zu hören, bitte auf den PLAY Button in ihrem Bild klicken.