Im Frühjahr hatte die TUI auf der Mein Schiff 2 vorgelegt: eine Kreuzfahrt für die schwul-lesbische, korrekter formuliert, die LGBTI-Community. Deutschsprachig und Eltern-tauglich. Die weite Öffnung brachte dem Unternehmen, das so viel Erfahrungen mit Spezialwochen für die unterschiedlichsten Zielgruppen hat, zum Teil harsche Kritik ein. Denn zur Gewinnoptimierung ließ die TUI am Schluss auch fast 150 Hetero-Paare zu Schleuderpreisen an Bord. Das vergrätzte nicht nur die Frühbucher, sondern sorgte auch unterschwellig für Spaß mit angezogener Handbremse…
Auf der M-Cruise sollte nun alles anders sein. Sie wurde von der BLU-Mediengruppe aus Berlin vom ersten Tag an streng auf „M“ ausgelegt: den schwulen Mann. Vorbild waren die internationalen Anbieter, wie Defense oder Atlantis. Hier sollte nun das passgenaue Produkt für den deutschsprachigen Markt aufgelegt werden.
Nach dem Vorpreschen der TUI mit einem Schiff, das nahezu 1900 Passagiere fasst, musste die M-Cruise stark verkleinert werden. Man fand schließlich die Celestyal Nefeli, einen griechischen Kreuzer für 800 Passagiere. Mehr hätte der deutschsprachige Markt in einem Urlaubsjahr wohl auch nicht hergegeben.
Nach meinem Film von der Rainbow Cruise – hier nachzuschauen – wollte ich nun unbedingt wissen, ob, und wenn ja, welchen Unterschied es machen würde, wenn nicht der in allen Farben bis hin zu beigen Socken in Sandalen schimmernde Regenbogen das Bordleben bestimmen würde, sondern ein rein schwules Partyvolk. Vorweg gesagt: für die Kamera war es ein Fest 🙂
Um die Film-Reportage zu schauen, bitte auf den PLAY-Button im Titelbild klicken
Unser BUCH-TIPP
Queere Reiseträume
Wenn LGBTQ Reisende unterwegs sind, stellt sich ihnen grundsätzlich eine Frage: wo sind wir willkommen? In welcher Herberge ernten wir keine hochgezogenen Augenbrauen (oder Schlimmeres) wenn wir uns nur so benehmen wollen, wie es für Hetero-Reisende selbstverständlich ist?
Es gibt Hotels, die wenden sich explizit an zum Beispiel die schwule Zielgruppe. Sie sind nicht nur gay-friendly, sondern sogar gay-only. Damit bieten sie einen ganz geschützten Raum für ihre Gäste. Oft inklusive leichter Möglichkeiten, auch körperlich in Kontakt zu kommen.
Ab der 70er Jahren war das eine wirkliche Errungenschaft. Aber gerade jüngere LGBTQ Reisende wollen es gar nicht mehr so plakativ. Ihnen reicht es oft, wenn ein touristisches Unternehmen sich augenzwinkernd bezeichnet als „Hetero-friendly“
Nur – wie findet man solche Etablissements in der Reiseplanung? Die jahrzehntelange „Reisebibel“ – vor den Möglichkeiten der Internet-Recherche – war der jährliche dicke gedruckte Spartacus Travel Guide. Aus dem gleichen Hause ist jetzt auch die „Spartacus Collection für Hotels, Resorts und Cruises“ erschienen. Ein schöner Bildband für knapp 40 Euro.
Wer allerdings das Geld investieren möchte, um explizit und geprüft LGBTQ-freundliche Adressen aufgelistet zu bekommen, wird enttäuscht sein. Dieser Bildband listet „nur“ Traumziele auf. Wirklich schöne Adressen, die eines gemein haben: sie sind in einer so hohen Preis-Kategorie, dass man es sich schlicht nicht leisten könnte als Management, einen Shitstorm zu riskieren, wenn man sich der queren Gästegruppe gegenüber unangemessen oder diskriminierend verhalten würde.
Der Spartacus Collection Bildband ist also lediglich ein Coffeetable Book für queere Reiseträume. Zumindest dann, wenn einer von beiden eine Goldene Kreditkarte besitzt… Nicht mehr, und nicht weniger. Wer nur ein preiswertes Zielgruppen-Willkommen sucht, wird in diesem Bildband nicht fündig.