Die weltgrößte Tourismus-Messe ITB hat traditionell immer einen Partner. Ein Urlaubsziel, das – für eine nicht unerhebliche Summe – besonders gepampert wird mit Hinweisen in allen offiziellen Publikationen, auf vielen Werbetafeln und Hinweisschildern und durch die Gestaltung des Eröffnungs-Abends. Auf dass es nicht untergeht in der unübersehbar gewordenen Vielfalt der touristischen Anbieter.
Nach Urlaubs-Schwergewichten wie den Malediven oder Botswana übernimmt nun zum ersten Mal ein deutsches Bundesland diese Partnerschaft: Mecklenburg Vorpommern. Und da denkt der Fachbesucher schon, Hallo? Ausgerechnet MeckPomm? Das laut Statistik beliebteste Ferienziel der deutschen Familien? Der platte Norden, der sich seit Jahren ein putziges Fingerhakeln mit den Bayern liefert, wer nun höher steht in der Gunst des tatsächlichen Urlaubers?
Wieso brauchen die denn eine Werbeplattform auf der ITB, wo zigtausende Einkäufer und Anbieter aus der ganzen Welt herumwuseln, um konkrete Geschäfte zu machen? Nur wegen des Besucher-Wochenendes, wo vor allem Berliner Krethi und Plethi die Hallen bevölkern auf der Suche nach Inspiration für den Sommer? Heisst das nicht Eulen nach Athen zu tragen, wo Mecklenburg-Vorpommern eh schon die Berliner als wichtigste Urlaubergruppe hat außerhalb der eigenen Bevölkerung?
Der Grund liegt tatsächlich in der Internationalität der ITB. Denn so sehr Mecklenburg Vorpommern durch seine Ostseeküste, die Inseln und auch die Seenplatte der Müritz in Deutschland beliebt ist – für die ausländischen Besucher in Deutschland ist die Gegend weitgehend noch terra incognita. Gut, die Österreicher und Schweizer mögen die Küste auch. Aber sobald nicht mehr Deutsch gesprochen wird, gibt es derzeit kaum Buchungen.
Am Produkt kann es nicht liegen. Also wenn man sich rein auf die touristische Hardware konzentriert. In Mecklenburg Vorpommern könnte man wunderschöne Naturfilme drehen, die sofort weltweit Sehnsucht erzeugen. Und auch die Hotellerie und Gastronomie hat sich sehr entwickelt in den letzten Jahrzehnten. Woran liegt es also, dass bestimmte Regionen in Deutschland sich auch vor ausländischen Besuchern kaum retten können, aber MeckPomm es nicht schafft, zu Umwegen durch den Norden zu inspirieren?
Liegt man zu weit weg von den etablierten Ameisenpfaden? Ist die Verkehrsanbindung für einen ausländischen Gast ohne Auto zu mühsam? Gibt es vielleicht doch Vorbehalte durch den latent wabernden Rassismus auf dem platten Land?
Zumindest sind die für den Tourismus Verantwortlichen in Mecklenburg Vorpommern guten Mutes, dass es keine größeren Barrieren sind, nicht-deutsche Urlauber auch zu überzeugen. Das kann man sehr optimistisch finden. Schließlich ist die Hauptsaison auch derzeit schon aus dem Inland mehr als gut gefüllt – so weit das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht. Und ob ein Engländer, Franzose, Italiener oder Russe nun gerade darauf gewartet hat, im Mai oder Oktober am Ostseestrand spazieren zu gehen, das wird ein spannendes Experiment.
Ich habe auf jeden Fall die Chance genutzt, mich schon einmal vor der ITB mit dem Präsidenten des Tourismusverbandes, Wolfgang Waldmüller, zusammen zu setzen und darüber zu diskutieren, ob oder wie sich das nördliche Bundesland positionieren muss, um seinen touristischen Erfolg weiter zu steigern.
Einen Erfolg kann die ITB jedenfalls schon verbuchen durch die Wahl ihres Partners 2018: die Eröffnungsrede wird die (geschäftsführende) Bundeskanzlerin Angela Merkel halten. Die hat in den letzten Jahren nicht gerade gezeigt, dass ihr die touristische Industrie in Deutschland übermäßig am Herzen liegt. Aber Mecklenburg Vorpommern ist ihre politische Heimat. Ihr Wahlkreis derselbe, den auch Wirtschafts-, und Tourismusminister Harry Glawe hat. Manches Große läuft dann doch über den kleinen Partei-Dienstweg.. 🙂
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