Aktuelle Stunde WDR - Jürgen Drensek mit Martin von Mauschwitz

Durch TC Pauschalreise tot?
Studiogespräch Aktuelle Stunde WDR

Thomas Cook und die drohende Pleite auch der deutschen Töchter auf allen Kanälen. Die Aktuelle Stunde des WDR Fernsehens bat mich um eine fachliche Einschätzung, ob der nicht auszuschließende Kollaps des großen Veranstalters der angeblich schwächelnden Pauschalreise vielleicht sogar den Todesstoß geben könnte…

Nach dem Einspieler mein Gespräch mit dem Kollegen Martin von Mauschwitz

 

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Da werden viele, die gern solche Pauschal-Urlaube machen ratlos da sitzen und sich fragen: Wo kann ich buchen, wem kann man noch vertrauen. Wir wollen versuchen, einige Fragen zu klären mit dem Reise-Journalisten Jürgen Drensek. 

Guten Abend nach Berlin. 

Wir haben gerade im Stück gehört: Eine junge Generation macht keine Pauschalreisen mehr. Geht mit Thomas-Cook auch das Zeitalter solcher Pauschalreisen zu Ende?

Ich glaube, diese Aussage ist mit Vorsicht zu genießen. Die Zahlen geben das nicht her. Also: Buchen einer Reise im Internet ist sehr sehr oft nichts anderes, als Buchen im Reisebüro. Eben nur ein anderer Weg. Die Mehrheit der Urlaubsreisen, also Reisen länger als 5 Tage unterwegs, sind immer noch Produkte eines oder mehrerer Veranstalter. 

Es wird oft so dargestellt, als ob es der neue Trend sei, dass Menschen nachts stundenlang vor dem Computer sitzen und wie kleine Trüffelschweinchen sich ihre Reise ganz individuell zusammenbuchen. Das ist, jetzt reden wir mal vom klassischen Familienurlaub,  eher selten der Fall. 

Im Regelfall gehen die Leute auf eine Vergleichsseite, wie Holidaycheck, und lassen sich alle Angebote auflisten für das Hotel, das sie vielleicht vorher schon mal ausgeguckt haben. Und auf der nächsten Seite buchen sie dann bei einem Veranstalter. Oder bei einem Mix von verschiedenen Anbietern, aus dem der Portalbetreiber eine virtuelle Pauschalreise gebastelt hat. Und vielleicht buchen sie auf diesem Internet-Weg auch eine Reise von Thomas Cook. Der einzige, der sich darüber ärgert, ist dann das Reisebüro, das einen Kunden weniger hat.

Aber für klassische Urlaubsreisen gibt es keinen signifikanten Trend weg von der Veranstalterreise. Bei Kurzreisen, so über das Wochenende, sieht das schon wieder anders aus.

Es hieß immer: Pauschalreisen sind sicher. Da gibts ein Reise-Sicherungsschein. Als Kunde bin ich fein raus. Jetzt sind trotzdem Passagiere gestrandet, andere können ihre Reise gar nicht antreten? Was genau nützt denen denn jetzt dieser Sicherungs-Schein?

Nichts gegen den Sicherungsschein. Der ist schon eine große Hilfe im Falle einer Insolvenz. Der Punkt ist, NOCH haben wir keine Insolvenz der deutschen Veranstalter. Ich glaube auch nicht, dass deutsche Urlauber der Thomas Cook Gruppe derzeit irgendwo gestrandet sind. Wir haben derzeit Urlauber, die können nicht losfliegen von daheim, wenn sie mit Condor fliegen würden. Und wir haben ganz vereinzelt deutsche Thomas Cook Urlauber, die vom Hotelier vor Ort genötigt werden, ihre Hotelrechnung noch einmal bar zu begleichen. 

In beiden Fällen greift leider noch nicht der Sicherungsschein. 

Die Kunden haben einen Rechtsanspruch direkt gegen Thomas Cook, weil der Veranstalter als „noch funktionierendes Unternehmen“ eine Leistung nicht erbringt. Wer am Flughafen nicht losfliegen konnte und per Kreditkarte gezahlt hat, sollte versuchen, den Urlaubs-Rechnungsbetrag sofort zurückbuchen zu lassen. Das sollten die Kreditkarten-Unternehmen auch machen. Bei der Hoteliersrechung kann man leider nichts zurückbuchen, sondern nur hoffen, dass man den Anspruch gegen Thomas Cook geltend machen kann.

Sollte es zur Insolvenz kommen, wird dann die Versicherung für alle der Ansprechpartner

In eine ähnliche Richtung gehen Fragen, die uns über die Sozialen Netzwerke gestellt werden: Da fragt „Angela Pi-Wi“: Wir haben über Ögertours (Cook-Tochter) gebucht. In 19 Tagen gehts los. Sollen jetzt im Reisebüro anrufen – können wir die Reise antreten?

Kurz gesagt. Wunderbar, Sie haben ein Reisebüro. Die fleissigen Helfer der kommenden Wochen, die das alles gratis machen müssen – das sollte man auch mal bedenken, wenn es immer nur heisst, super, Internet ist ja ein paar Euro günstiger.. Ich würde jetzt erst mal noch abwarten. Vielleicht geschieht ja ein Wunder… Sollten die deutschen Töchter auch Insolvenz anmelden, dann ist das ein Fall für den Sicherungsschein.

Guido Grüters schreibt: Da werden einige Urlauber kein Geld sehen. Soviel wird die Versicherung nicht zahlen können. 110 Mio. – das wars. Benötigt würden 400-500 Millionen. Wie schätzen Sie das ein? 

Es stimmt. Die maximale Deckungssumme liegt immer noch bei etwa 110 Millionen Euro bei einer Insolvenz. Das ist ein ganz böses Versäumnis der Bundesregierung, die von den Fachleuten seit Jahren gedrängt wird, dass die Summe erhöht werden muss. Im Worst Case Szenario, also der Pleite aller deutschen Thomas Cook Töchter, wird die Summe wahrscheinlich nicht ausreichen. Wir reden ja von etwa 150.000 betroffenen Gästen – und selbst bei 1000 Euro Durchschnittspreis wären wir dann schon bei 150 Millionen.

Was raten Sie denen, die zukünftig ne Reise buchen – worauf achten?

Ich hätte am Sonntag noch gesagt, es ist unmöglich, dass der zweitgrößte Veranstalter der Welt pleite geht… Too big to fail. Generell muss man aber sagen, ganz unabhängig vom aktuellen Fall, die deutsche Veranstalter-Reise ist immer noch das Sicherste, was man buchen kann. Denn bei Einzelbuchungen irgendwo auf der Welt hat man so gut wie gar keinen Rechtsschutz…

 

 

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