Jürgen Drensek im verrücktesten Indoor-Campingplatz Deutschlands

Base Camp Bonn
Verrücktestes Hostel Deutschlands

Woran denken Sie ganz automatisch beim Begriff Jugendherberge, oder „Youth Hostel“, wie es neudeutsch so schön heisst…? Hagebutten-Tee, Doppelstockbetten, Linoleum-Böden, praktisch und gut..? Das heisst, Sie haben schon lange keines mehr von innen gesehen. Da hat sich viel getan in den letzten Jahrzehnten.

Trotzdem ist fast allen eines gemein: sie sind so eingerichtet, dass auch Pubertierende im hormonellen Überschwang nicht so leicht etwas kaputt machen können; prätentiöses Innen-Design hätte nur eine kurze Halbwert-Zeit.

Aber es gibt tatsächlich Ausnahmen. Und das liegt auch daran, dass die Jugendherbergen den Wortbestandteil Jugend immer mehr nach oben ausdehnen müssen, um auch abseits der Klassenfahrten attraktiv zu sein für diejenigen Reisenden, die eigentlich nicht mehr suchen, als ein sauberes Bett und eine funktionierende Dusche.

Und die vielleicht noch ein wenig anspruchsloser sind, als die Gäste der Motels, die sich mittlerweile ganz gehörig in der Hotel-Familie angekuschelt haben. Oder sie sogar das Fürchten lehren, wie die extrem erfolgreiche und in ihrem Segment perfekte Motel One Gruppe.

Trotzdem muss man sagen: generell sind Hostels zwar etwas wertvolles für pragmatisch veranlagte Reisende, aber Schöngeister sinken eh still weinend in den Schlaf.

Es sei denn, sie sind in Bonn. Nicht nur wegen Beethoven. Die ehemalige Hauptstadt hat zwar den Ruf, noch langweiliger zu sein, als Hannover… :-), aber der ist hier wie da natürlich nur ein böses Vorurteil.

Bonn könnte aber auch durchaus Ziel für Menschen sein, die gar nicht so sehr wegen Bonn an den Rhein wollen, sondern wegen einer Herberge, die ungefähr auf halbem Weg zwischen der Innenstadt und Bad Godesberg liegt: das Base Camp.

Es ist vielleicht das verrückteste Hostel der Republik. 13 historische Wohnwagen im Themendesign, 4 American Airstreams, 2 Schlafwagen der Deutschen Bahn, 2 VW Bullis, ein Trabi mit Zeltdach, eine Schweizer Seilbahn-Gondel und andere ungewöhnliche Vehikel, in denen man übernachten kann – allesamt untergebracht in einer ehemaligen Lagerhalle mit karibischem Flair. Kann das wirklich ein Hotel sein? Absolut.

2012 hatte der Bonner Hotelier Michael Schlößer die Idee zu dem bis heute weltweit einzigartigen Konzept. Anderthalb Jahre dauerten die Vorarbeiten inkusive fantasievoller Gestaltung der Wohnwagen durch die Filmset-Designerin Marion Seul. Im August 2013 begann dann auch öffentlich die Erfolgsgeschichte des BaseCamps: Buchungsanfragen bis zu über einem Jahr im Voraus, begeisterte Besucher, weltweite Berichterstattung und außergewöhnliche Events.

Zur Eröffnung mutmaßte der Guardian mit typisch britischem Humor: „Bonn läuft Gefahr, seinen Ruf als langweiligste Stadt Europas zu verlieren.“ Denn die Location bringt Fantasie, Farbe und junges internationales Publikum an den Rhein – auch und gerade eine Generation, der Bonn bislang unbekannt war. Vom Base Camp aus entdecken die Gäste die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten: ein ideales Beispiel für Destination-Tourismus.

Aber es sind nicht nur die klassischen Übernachtungen, die den kreativ-quirligen Ruf des Wohnwagen-Hotels begründen: Großveranstaltungen wie das erste Bonner Holi Colors Festival locken mittlerweile im 6. Jahr bis zu 2000 Partypeople auf das Außengelände der Location. 

2019 feierte die Manga-Convention AIKON ihre Premiere mit rund 1000 Besuchern und Cosplayern. Vintage-Weekends, Designmärkte, Konferenzen, Streetfood – im Base Camp ist eine Menge möglich. Die Hamburger HipHop-Combo Fettes Brot, die englische Singer/Songwriterin Lucy Rose und das Bonner Beethoven Orchester entdeckten die Location als Konzertsaal. Große TV-Produktionen nutzen das Hotel als Studiokulisse. Aber auch Konzerne, NGOs, Vereine und Hochzeitsgesellschaften haben sich in Bonns verrückten USP verliebt.

Das musste ich mir doch auch einfach mal anschauen…

https://www.basecamp-bonn.de

 

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