Gerade für das Reisen und Welt-Entdecken gilt, dass die Liebe oft durch den Magen geht – und entsteht. Und da ist es ganz egal, ob man auf einer Alm sitzt mit Panorama-Wow!-Blick und leckerem Bergkäse und einem Glas frischer Milch, ob man sich tapfer mit einem Hot-Dog oder einem Pastrami-Sandwich in Midtown New York die Finger beschmiert und sich herrlich mittendrin fühlt, bei einem perfekten Cappuccino auf einer italienischen Piazza oder einem (daheim gruselig schmeckender) Retsina bei Sonnenuntergang am Rande der Caldera von Santorini…
Essen macht in der Regel glücklich. Vor allem, wenn ein Ort dazu kommt, den man schon ins Herz geschlossen hat.
Und nun Südkorea. Vor Jahren war ich das erste Mal dort, im Vorfeld und während der DRV-Tagung. Eine durchaus faszinierende asiatische Destination. Allerdings, und das muss man auch zugeben, keine, die sich aufdrängt in der Fernreise-Planung der Veranstalter. Dafür gibt es zu viel „Konkurrenz“ drumherum und auf dem Weg dahin aus Deutschland, die bei den Pros und Cons besser abschneiden. Für den Volumen-Markt sowieso, wo tolles Strand-Potenzial fast immer den Ausschlag gibt, aber auch im Rundreise-, und Studienreise-Kosmos, wo Südkorea (noch??) Wenig Kombinationsmöglichkeiten bereit hält. Die schlimmste Grenze der Welt ist gerade mal 50 Kilometer von Seoul entfernt.
Aber hier soll es ja um südkoranisches Essen gehen. Und das hat mich damals auch nicht wirklich begeistert. Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass die Essenz der südkoreanischen Küche zwischen den Schichten vom Kimchi und BBQ-Saucen verloren geht.
Gerade Kimchi: hinter der scharfen Fassade und dem fermentierten Hype verbirgt sich ein Geschmackserlebnis, das nicht jeder auf den kulinarischen Olymp hebt. Im Guten ist es ein Feuerwerk von Aromen, das die Geschmacksknospen auf Trab hält. Doch je länger man sich auf diese Achterbahnfahrt einlässt, desto deutlicher werden die Tücken des Kimchi-Genusses.
Vor allem die omnipräsente Schärfe, die einem den Atem rauben kann. Ein Flirt mit dem Fegefeuer. In der südkoreanischen Küche mag Kimchi als heilige Kuh gelten, aber für diejenigen, die sich nicht vollends dem scharfen Wahnsinn hingeben wollen, bleibt die Frage: Muss man wirklich jeden Bissen mit einem Glas Wasser und einem Feuerlöscher in Griffnähe würzen?
Und auch die inflationären Korean BBQ Restaurants. In der Einförmigkeit der gusseisernen Tische und der eintönigen Auswahl an Fleischsorten besteht die Gefahr, dass sich der Genuss schnell verliert. Das Erlebnis wird zu einem mechanischen Ritual, bei dem die Gäste in einen träge werdenden Fleischrausch verfallen, anstatt die subtilen Nuancen einer Zubereitung zu zelebrieren…
Und dann kam Jeong Kwan. Durch Zufall sah ich sie in der (wirklich hervorragend gemachten) Netflix Doku-Serie „Chef’s Table“. Eine Nonne in einem Kloster in den südlichen Bergen Südkoreas, die dort Tempelküche zelebriert. Das ist eigentlich nichts Besonderes in diesem Land. Aber Jeong Kwan hat die Gabe, aus einfachsten Zutaten, die fast alle aus dem Garten des Klosters kommen, ungewollt kulinarische Kabinett-Stückchen zu zaubern. Für sie gilt das Prinzip, dass die Reinheit des Geistes sich in der Reinheit der Zutaten widerspiegeln soll. Jeder Bissen als ein Schritt auf dem Pfad der Achtsamkeit, eine Meditation durch den Gaumen. Hier wird nicht einfach gegessen, sondern zelebriert, als ob die Mahlzeit selbst eine Opfergabe an die Götter wäre.
Die New York Times begrüßte die Küche der Nonne als „das exquisiteste Essen der Welt“ und bezeichnete sie als „die Philosophin“. Damit war der Hype geboren, und die TV-Crews folgten. Und die besten Michelin Star-Köche der Welt. Alle wollten von der Nonne den Spirit ihrer veganen Tempel-Küche erlernen und sich inspirieren lassen.
Sie fragen sich, warum Ihnen derzeit so viel Fermentiertes kunstvoll serviert wird in den Gourmet-Restaurants, wo die Deutschen seit Jahrzehnten quasi nur das Sauerkraut als fermentierte Speise kannten…? Tja… Mit dem kleinen Unterschied, dass ein quasi Jeong Kwan Menü im Michelin-, oder Gault-Millau-Universum in Kopenhagen, New York oder Berlin so viel kostet, dass die Nonne ihre Kloster-Bewohner damit leicht einen Monat durchfüttern könnte…
Jetzt hatte ich endlich die Gelegenheit, durch das Temple-Stay-Programm der Koreanischen Zentrale für Tourismus Jeong Kwan auch selbst zu treffen für eine kleine Film-Reportage. Also bekam das kulinarische Korea noch einmal eine Chance. Und was soll ich sagen: es war ein wirklich schöner Dreh.
Um die Film-Reportage zu sehen, bitte auf den PLAY Button im Titelbild klicken
Touristische Informationen über Südkorea
Informationen zum Programm Temple Stay
Link zur Netflix-Vorschau „Chef’s Table“
Link (für Netflix-Abonnenten) zur Chef’s Table Folge mit Jeong Kwan