Das Dorf Castelfalfi in der Toskana war ein Problemfall. Wunderschön gelegen, mit einer kleinen Burganlage, aber zum Sterben verurteilt. Zu klein für eine gute Infrastruktur, zu weit weg von den Verkehrswegen, keine Arbeitsplätze, Landflucht. Castelfalfi war nahezu ausgestorben und gammelte vor sich hin. Die Schattenseiten einer Postkarte.
Vielleicht lag es an einem lauen Sommerabend auf einer Terrasse in der Toskana zum Sonnenuntergang, man fühlte sich einfach gut bei Wein, Oliven und knusprigem Brot. Jedenfalls muss es etwas Sentimentales gewesen sein, was Michael Frenzel vor 10 Jahren als TUI Chef dazu bewog, für den größten integrierten Touristik-Konzern der Welt gleich ein ganzes Dorf zu kaufen. Seitdem hatte TUI den Ort Castelfalfi in der Toskana am Hals – und musste erkennen, dass traumhafte Bilder allein nicht ausreichen, um ein vernünftiges touristisches Konzept zu stemmen.
Die abgelegene Idylle ist nämlich auch hinderlich, wenn man jede Woche eine große Zahl Urlauber zum Ziel bringen muss. Erst recht zu einem Zeitpunkt, wo andere touristische Spots rund ums Mittelmeer, vor allem die Türkei, sich viel profitabler vermarkten ließen. Auch die Idee, durch Golfplatz und super-luxuriöse Villen und Apartments aus dem Stand viele zahlungskräftige Reisende zu gewinnen und so quasi in ein sich selbst finanzierendes Projekt zu investieren, lief holpriger als erwartet. Etliche Hotelideen wie auch ein Robinson-Club verschwanden jedenfalls schneller wieder in den Aktenordnern, als man sie publizieren konnte.
Aber irgendwann spielte die Weltlage positiv für das Objekt Castelfalfi. Die Renaissance der erdgebundenen Ziele, das Hinwenden zu Ländern wie Italien, weil das östliche und südliche Mittelmeer immer ungemütlicher wurden für den Tourismus, und der letztendlich doch erfolgreiche Verkauf vieler Villen auf dem internationalen Markt, gaben den Startschuss für das Resort TUI Blue Castelfalfi. Und was lange währte, ist richtig schön geworden. Castelfalfi ist nun eine gute Adresse für den Toskana-Urlaub. Ein Hotel mit angeschlossenem Dorf. Eine italienische Puppenstube mitten zwischen Siena, Pisa, Volterra und Florenz. Aber, Schicksal, als es endlich schön war , musste die TUI als Dorfbesitzer aussteigen aus dem Projekt. In Corona Zeiten stand alles auf dem finanziellen Prüfstand. Jetzt ist das Resort zwar kein TUI Blue mehr, aber immer noch eine absolute Empfehlung.
Ich habe das Resort, das eine knappe Stunde vom Flughafen Pisa entfernt liegt, besucht und mir dabei auch kleine Träume erfüllt: den schiefen Turm von Pisa mal wiederzusehen, ein Eis beim Weltmeister in San Gimignano zu essen – und mit der Vespa durch die Hügellandschaft der Toskana zu zuckeln …
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Noch eine Lese-Empfehlung
Es ist natürlich immer eine persönliche Geschmacksfrage, welches Urlaubsland man zu seinen Herzens-Zielen zählt… Für viele Deutsche ist das, wenn es nicht die eigene (Sprach-)Heimat ist, sicher Italien. Das Land hinter den Alpen, wo die Zitronen blühen…, und das man vielleicht selbst in den Jahren des Wirtschaftswunders zum ersten Mal bereist hat. Natürlich mit dem Auto, waghalsig über die Pässe… mit der Aussicht auf Dolce Vita, und der Beantwortung der Frage, ob Spaghetti tatsächlich auf Bäumen wachsen.
Wenn man sich heute die Statistiken der Nachfrage-stärksten Urlaubsländer rund um das Mittelmeer anschaut, könnte man vermuten, Italien sei nicht mehr so gefragt. Ist natürlich ein Trugschluss. Denn in solche Statistiken fließen vor allem die Zahlen ein aus dem organisierten Veranstalter-Tourismus. Da hat Italien mit seinen vielen kleinen und mittleren, oft noch Familien-geführten Herbergen nicht so das Standing.
Die meisten Italien-Fans sind nach wie vor individuell unterwegs. Und es eint sie alle: dieses beglückende Lebensgefühl der unerträglichen Leichtigkeit des Seins, das man kaum in einem anderen Land so auskosten kann.
Italien ist immer noch etwas Nostalgie. Und deshalb hat der Kunth Verlag eine wunderbare Idee zwischen zwei Buchdeckel gepresst: „Heute so schön wie damals – Legendäre Urlaubsorte in Italien“
Wer nach dem vergnüglichen Durchblättern dieser Fülle an italienischen Momenten nicht den Drang verspürt so schnell wie möglich einen perfekten Espresso auf einer architektonisch perfekten, leicht morbiden Piazza zu schlürfen, der hat kein Herz für einen nicht enden wollenden Genuss.
Heut so schön wie damals: Italien – Kunth Verlag, 29,95 €