Spätestens nach der Tagesschau blitzt sie immer mal wieder mal auf, die Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land, wo die Probleme der Welt ganz weit weg zu sein scheinen. Gerade Stadtbewohner berichten mittlerweile häufiger, dass sie einen Overkill an Hektik verspüren. Die Medienbranche hat darauf reagiert: das Magazin Landlust mit aus journalistischer Sicht überwiegend belanglosen Geschichten von der Blumenwiese war eine der erfolgreichsten Verlagsentscheidungen der letzten Jahre.
Kein Wunder, dass auch die Hotellerie da mitspielen möchte. Schließlich müssen alle Stadtflüchtlinge auf Zeit ja einen Ort haben, wo sie ihr zwangsentschleunigtes Haupt betten können. Im gehobenen und Luxusbereich gibt es seit langer Zeit schon die Romantik Hotels bzw. die Relais & Chateaux. Heile Verwöhnwelt für diejenigen, die nicht so aufs Geld achten müssen. Vor allem die Relais & Chateaux haben eine eingeschworene Gästeschar, die den jährlichen Hotelkatalog ähnlich wie einen Michelin Guide als Reiseführer betrachten, unter dem nichts geht.
Davon sind die Landidyll-Hotels noch weit entfernt. 24 Inhaber-geführte Häuser gibt es in Deutschland; vorgestellt in einem sehr ansprechend aufbereiteten Katalog. Man könnte sagen, es sind auch 24 sehr individuelle Hotels, die ihre Gäste zurück zur Natur bringen möchten. Angesiedelt im Drei-, bis Vier-Sterne Bereich, also noch gut bezahlbar, und mit jener persönlichen Zuwendung, die in Zeiten der großen, überspannenden Hotelkonzepte und der grassierenden Design-Selbstverliebtheit immer seltener geworden ist.
Sie alle eint eine Existenz abseits der touristischen Hotspots, wo die Ortsmarke alleine schon für das nötige Marketing sorgt. Deutschland ist groß und schön, hat aber naturgemäß viele blinde Flecken, die von den Reisenden eher durch Zufall erobert werden.
Bei fast allen Landidyll Hotels fühlt man den Drang, erst mal nachschlagen zu wollen, wo auf Google Maps man den Beherbergungsbetrieb denn genau finden wird. Oft erfordert es also eine gewisse Risikobereitschaft, sich mal auf eine Umgebung einzulassen, an der man höchstwahrscheinlich vorbeigefahren wäre, hätte der Landidyll-Katalog nicht ein verlockendes Ziel offeriert.
Einmal angekommen, wird man die Wahl kaum bereuen. Denn bei Landidyll ist das Kümmern um den Gast noch DNA des Hoteliers-Kodex. Selbst, wenn die Riesen-Attraktionen nicht direkt vor der Haustüre liegen, finden sich immer handverlesene Aktivitäts-Programme, die für gelungene Tage sorgen. Manche Häuser bieten auch Wellness an für die, die einfach nur total entspannen wollen, und alle haben sich der guten Küche verschrieben. Da geht es nicht um Sterne-Niveau, sondern um ehrliches Lecker-Schmecken mit stark regionalem Einschlag.
Auf meiner kleinen Recherchetour war ich im Münster-, und Osnabrücker Land unterwegs. Ich wurde in die hohe Kunst des perfekten Grillens eingeführt, habe unterhaltsam und ohne Kenner-Allüren Wein verkostet, war mit quickfidelen Schweinen auf Du und Du, bin mit dem E-Bike zu einem Natur-Gemüsehof geradelt, musste zu nachtschlafender Zeit stundenlang auf einem Hochsitz entschleunigen, zappeldne Forellen in die Hand nehmen und Bienenvölker ganz nah begutachten. Ich habe Orte entdeckt, in die ich wahrscheinlich nie gefahren wäre. Und es war gut.
Ja, und Zeit fand ich auch noch, mich mit dem Präsidenten der Landidyll-Hotelvereinigung zu unterhalten, Theo Wilmink, kurz bevor er mir das beste Filet meines Lebens servierte… (den Playbutton für das Interview finden Sie im Bild von Theo Wilmink)