Es ist noch gar nicht so lange her, 2005, da wurden die alten Herrschaftszeichen der Reisebranche gehörig durcheinander gewirbelt. Die güldenen Hotelsterne als alleiniges Qualitätsversprechen verloren massiv an Wert. Die oftmals verschwurbelten und mit juristischen Fallstricken gespickten Katalogtexte mussten offenbaren, was sie sind für eine Verbraucher-Entscheidung: unbrauchbarer Mist, der die Druckerschwärze nicht wert ist. Und die schönen Hotelprospekte mit ihren Stereotypen und Klischee-Satiren der glücklichen Cocktail-schlürfenden Pärchen vor dem Sonnenuntergang machten fortan nur noch den Hotelbesitzer stolz und die Werbeagentur reich, weil der potentielle Gast sie gar nicht mehr nachfragte.
Warum das alles? Die Hotelbewertungsportale kamen mit Krach auf den Markt und veränderten ihn geradezu disruptiv. Holidaycheck, Tripadvisor – sie und viele andere bedeuteten das Ende der klassischen Marketing-Kommunikation. Auf einmal galt nur noch „the wisdom of the crowd“
Es war eine fast schon blutige Revolution, die einen Aufschrei der Hoteliers provozierte. Natürlich war sie auch eine Utopie: die totale Transparenz, das Wissen on a fingertip, das passende, beste Produkt ohne Fehlgriff. Manche kleine feine Hotels, die sonst unter dem Radar blieben, hat die Revolution trotzdem hochgespült, manche entzaubert. Und der Leistungsdruck der Hoteliers untereinander ist enorm geworden, weil auch die Veranstalter Kundenzufriedenheit zum Maßstab ihrer Geschäftsbeziehung gemacht haben.
Und heute? Hotelbewertungen sind Gähn. Man wird mengenmäßig von ihnen erschlagen. Sie sind Teil des Establishments, ein Basismerkmal bei der Urlaubsvorbereitung, das sich allerdings anschickt, nicht mehr zu helfen, sondern eine Entscheidung geradezu zu behindern. Es sind ihrer zu viele, oft auch von mangelnder Qualität und ungeklärter Herkunft.
Frisst nun die Revolution ihre Kinder? Weil der Verbraucher sich gar nicht mehr durch die unzähligen Geschreibsel hindurcharbeiten mag, werden Hotelbewertungen wieder vom Markt verschwinden?
So weit will Axel Jockwer nicht gehen, damals einer der schillernden Kopfe von Holidaycheck, und mittlerweile selbständiger Berater der Branche. Aber er plädiert für das Kuratieren der Bewertungen. Nur noch die Aussagekräftigen sollen an die Spitze der Liste, und nur diejenigen, die mit einem ausführlichen Profil des Verfassers versehen sind. Er fordert eine Revolution der Ehrlichkeit. Nicht in dem Sinne des Kampfes gegen immer mal wieder vorkommende Fake-Beurteilungen, sondern durch mehr Information über den Kritiker, um dessen Standpunkt besser beurteilen zu können. Ein Matchmaking wie in der Partnervermittlung sozusagen. Welcher Hoteltip und welcher Verriss passen am besten zu meinen Bedürfnissen?
Das ist der Inhalt unseres Gesprächs. Überraschendes Ergebnis: ein Unternehmen macht es schon vor, wie man Gastgeber und Gast erfolgversprechend zusammenbringen kann – Airbnb
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