Im Winter zum Nordkap mit Hurtigruten. Mit Glück auch mit Polarlicht. Foto © Hurtigruten / Karsten Bidstrup

Zum Ende der Welt
Mit Hurtigruten am Nordkap

Hurtigruten war – bevor sie auch mit Expeditions-, und Kreuzfahrtschiffen eine weitere Nische fand – lediglich DIE norwegische Postschifflinie. Das ist sie übrigens heute noch. Jeden Abend pünktlich legt eines der Schiffe in Bergen ab und begibt sich auf die 4630 km lange Reise nach Kirkenes an der russischen Grenze und zurück. Die Länge der Strecke entspricht der Entfernung von Hamburg bis Istanbul. Sie führt immer entlang der Fjordküste und ist wegen des Golfstroms auch während der Wintermonate eisfrei.

Als Postschiffe sind sie wichtig für die Versorgung der über 500 000 Norweger, die vor allem nördlich des Polarkreises an der Küste leben. Von den Norwegern werden die Hurtigrouten-Schiffe deshalb auch als Fährverbindungen zwischen den kleinen Orten genutzt.

Eine große Anzahl von Kabinen wird aber auch für Rundreisegäste freigehalten. Dabei ist der Komfort sehr unterschiedlich – je nachdem, wie alt das Schiff ist. Nostalgiker fahren gerne auf den etwas älteren Postschiffen, die viel Charme und eine familiäre Atmosphäre haben. Alle Schiffe der neueren Generationen – wie auch die Polarlys, die ich nutzte – haben fast Kreuzfahrt-Niveau; sie entsprechen einer 3-Sterne-Plus Kategorie; Kabinen mit eigener Dusche/WC.

  • Drama wäre fast immer bei den Hurtigruten Postschiff-Reisen - entweder Nordlichter im Winter oder Mitternachtssonne im Sommer © Jürgen Drensek / MJ

Bevor alle Kreuzfahrt-Reedereien die Fjord-Route zu einem festen Bestandteil ihres Sommer-Programms machten, war Hurtigruten fast alleine unterwegs innerhalb einer der schönsten Küstenlinien der Welt. Heute besteht dieses Alleinstellungsmerkmal allenfalls immer noch in der kalten, winterlichen Jahreszeit. Sie ist etwas für Liebhaber des rauen nordischen Charmes. Deshalb beginnt das touristische Geschäft, das aktiv vermarktet wird, auch eher im Frühling, wenn es wieder etwas heller wird und der Aufenthalt an Deck etwas weniger dicke, warme Kleidung erfordert. Gerade in der Übergangszeit von Nordlicht zu Mitternachtssonne sind die touristisch möglichen Passagen sehr schnell ausgebucht.

Im Sommer, der Hauptreisezeit für Norwegen, sollte man sich gut überlegen, ob das Postschiff persönlich eine Alternative ist zu einem Angebot von Aida, TUI Mein Schiff und Co. Selbst die neueren, und auch komfortablen Hurtigruten-Schiffe können es natürlich mit dem Angebot der Kreuzfahrt-Reedereien nicht aufnehmen. Dort ist man auf jeden Fall besser aufgehoben, wenn das Wetter mal nicht mitspielt, und sich der Tag vor allem unter Deck abspielt, und man mehr möchte, als nur einen Aussichtssalon. Auch die kulinarische Vielfalt und das Ausflugsprogramm sind besser auf die Bedürfnisse von Urlaubern abgestimmt. Auf den Hurtigruten erlebt man aber das Unterwegs sein mit einem Schiff viel intensiver, und hat eben auch die Möglichkeit, die Menschen, die dort leben, besser kennenzulernen, als in so einer typischen Kreuzfahrt-Bubble.

Über Reisebüros und www.hurtigruten.de werden neben den Kreuzfahrten auch die Postschiff-Rundreisen in Deutschland vermarktet. Es gibt die unterschiedlichsten Kombinationsmöglichkeiten mit Flug, Fähre, Bahn und Schiff. Da es ja in Norwegen eine Art Fähre mit Fahrplan ist, kann man auch das Auto mitführen und nur einen Teil der Strecke buchen. Dann ist natürlich die An-, respektive Rückreise etwas komplizierter, als bei einem Start und Ende in Bergen, das sehr gut und auch relativ preiswert erreichbar ist. Eine  Doppel-Außenkabine für die klassische 12-Tage Rundreise inklusive Fähranreise mit Color Line kostet ab etwa 3.000 pro Person inklusive Vollpension. Kaffee, Tee, Milch, Wasser und Orangensaft sind bei den Mahlzeiten inklusive. Alkoholika sind in Norwegen sehr teuer; auch an Bord, da wegen der Nähe zur Küste keine Zollfreiheit besteht.

Weil es Linienschiffe sind, wird an vielen kleinen Häfen gehalten. Die Zeit reicht immer für einen kurzen Spaziergang. Oft werden auch Busexkursionen angeboten, die wegen der sehr knapp bemessenen Liegezeiten der Postschiffe sehr häufig bis zum nächsten Anlegehafen führen, wo man wieder zusteigt. Die Ausflüge können vor Ort gebucht und bezahlt werden.

 

Um die Film-Reportage zu sehen, bitte auf den PLAY Button im Bild klicken.

 

Und hier noch eine Lese-Empfehlung:

Wer diese ja angeblich „schönste Seereise der Welt“ – und ich bin geneigt, dem Werbeslogan zuzustimmen – mitmacht, der weiss, dass das Abschaukeln der Postschiffroute die Küste Norwegens entlang anders verläuft, als einige der so populären Nordland-Routen der touristischen Reedereien, die ja vor allem die Einfahrten in die Fjorde zum Inhalt haben. 

Hurtigruten halten dagegen an fast jeder Milchkanne. Denn das ist ja ihr eigentlicher Zweck: Post und Personen zu befördern, wo der Weg über die Strasse zu schwerfällig oder gar nicht machbar ist.

Für die Urlaubs-Passagiere ist das ein schönes Nippen an der norwegischen Lebenswirklichkeit. Wenn auch manche Aufenthalte nach dem Anlegen zu kurz sind, um sich groß vom Schiff wegbewegen zu können.

Die nächste Herausforderung: viele der angelaufenen Häfen sind nicht gerade wohlbekannt auf der touristischen Landkarte. Wer sich bereits daheim auf seine Postschiff-Reise vorbereiten möchte, hatte bisher eine ziemlich pusselige Aufgabe vor sich, Informationen in der Regel aus dem Internet zusammenklauben zu müssen.

In diese Wissenslücke springt nun der Kunth Verlag mit seinem großen Reisebuch „Unterwegs mit Hurtigruten“ Hier werden sowohl die Nord-, wie auch die Südroute der Postschiffe genau beschrieben – mit Tipps für alle Häfen. Und vielen Bildern, die die Sehnsucht groß werden lassen, die Hurtigruten nur als Geschmacksanreger zu sehen für künftige Aufenthalte in Norwegen mit mehr Zeit.

Unterwegs mit Hurtigruten – Kunth Verlag, 29,95 €

 

Und noch ein Buchtipp

 

Die schönste Art, sich (einem) Land anzunähern, ist vom Wasser her. Natürlich ist es auch erhebend mit dem Blick aus dem Flugzeug-Fenster. Aber die Vorfreude des langsamen Herantasten an die Küste mit dem Schiff, die immer größer werdenden Details der Landschaft, die große Bühne, die sich immer weiter öffnet – das ist das wahre Reisen.

Egal, ob es das Festland ist, oder eine Insel: der Punkt, wo sich Meer und Land berühren, ist fast immer ein ganzer Roman der Weltgeschichte. Wird dem Ankömmling schroff mit Hohen Felsen quasi die Kalte Schulter gezeigt? Hat man schon den Blick auf verheißungsvolle leuchtend grüne Dschungel als Gegenentwurf zur Vegetationsfreien See? Ziehen kunterbunte Bergdörfer in Cinemascope vorbei? Dümpelt man durch eine Wunderwelt kleiner Inselchen, die der eigentlichen Küste vorgelagert sind? Oder glitzern schon aus der Entfernung die schönsten Puderstrände der Welt?

Wer gerne mit dem Schiff unterwegs ist, wird genau diese Momente lieben. Das Ankommen ist der eigentliche Höhepunkt der Reise.

300 prachtvolle Seiten solcher Höhepunkte hat jetzt der Kunth Verlag mit seinem Bildband „Gigantisch“ zusammengestellt. Es sind wunderschöne Fotografien wunderschöner Küsten. Und beileibe nicht nur aus der Perspektive eines Menschen, der an der Reling steht. Jede Bild-Impression wird noch mit kleinen Texten informativ angereichert – zum Träumen und zum Coffeetable-Reisen.

Gigantisch – Kunth Verlag – 44,95 €

 

 

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