Der Kampf um das größte und attraktivste Stück vom FTI Kuchen - © Foto-Art: aixpress/MJ

FTI – Kuchen wird verteilt
Veranstalter rechnen nach Pleite mit grossem Plus

Kommentar: Jürgen Drensek

Die Bemerkung der „klammheimlichen Freude“ ist in Deutschland historisch zwar politisch belastet, aber let’s face it: bis auf die durchaus ehrliche Betroffenheit gegenüber den Mitarbeitenden von FTI hält sich die Bestürzung der Branche in Grenzen, dass der drittgrößte Player am Markt diesem nun nicht mehr angehört.

Die betroffenen Pauschalgäste sind im Prinzip alle gut versorgt worden. Die Repatrisierung der Urlauber vor Ort bei Verkündung der Pleite lief weitgehend wie geschnitten Brot – und durch die vergleichsweise schnelle Klarheit, dass alle geplanten FTI-Sommer-Reisen als storniert zu gelten haben, ist jetzt auch wieder Budget-Sicherheit, sodass die Ferienreise ohne Angst zum zweiten Mal gebucht werden kann, weil das bisher schon ausgegebene Geld durch den Sicherungsfond erstattet wird.

Und dass das alles nur für Pauschalreisende gilt, und alle Urlauber, die „smart“ jeden Baustein extra buchten, leer ausgehen, ist aus der Branchensicht weniger ein Imageproblem für die Reise-Industrie, denn eine willkommene Werbung für die Veranstalterreise.

Mehr noch: die pflichtschuldig nicht offen nach aussen kommunizierte gelöste Stimmung (vor allem wegen der Expedienten, denen wieder mal die Provision verloren geht bei zusätzlicher Arbeit) ist dem Umstand geschuldet, dass der Markt endlich auch mal profitieren möchte, wenn es einen bedeutenden Konkurrenten weniger gibt. Wir erinnern uns: Thomas Cook. Da dachten auch alle, hurra, nun wird der Kuchen neu verteilt – und dann kam Corona…

Bei der TUI zum Beispiel, die aus dem deutschen Markt so zirka sechs Millionen Menschen zum Urlaub verhilft, wurden für die gerade richtig begonnene Sommersaison noch einmal 300.000 zusätzliche Plätze nachkalkuliert. Für den Winter rechnet man mit etwa 150.000 mehr Gästen. FTI war zwar im Winter nicht so gross aufgestellt, aber vor allem auch in Ägypten wegen des Eigentümers Sawiri stark. Ein klassisches Warmziel für die kalte Jahreszeit. Da gibt es jetzt natürlich ein Hauen und Stechen, wer die Filetstücke zum Beispiel von El Gouna bekommt.

War also bei der TUI nach dem zweiten Quartal eh schon ein Plus in den Büchern von rund 7 Prozent, dürften die heimatlosen FTI Gäste auf der Suche nach Urlaub ziemlich sicher sogar für ein zweistelliges postives Ergebnis für den Sommer sorgen. Die jahrelang gebeutelten Aktionäre sähen es mit Wiohlgefallen.

Zumal der Sommer durchaus gerne „endless“ werden könnte aus Veranstalter-Sicht. Die Saison ab November wird nämlich immer beliebter; auch den Klima-Erfahrungen der letzten Jahre geschuldet, dass ein schöner Spätherbst wahrscheinlicher wird, als ein Sonnen-grüssender Frühsommer.

Und noch eine Tendenz aus der TUI-PK zwischen den Zeilen: die nötig gewordene aufspreizende Definition der eigenen Kundschaft. Seit den Krisen-geschüttelten frühen Zwanziger Jahren kann man sich das Image des Landverschickers der besser verdienenden Kreise nicht mehr so recht leisten. Um die zwanzig Prozent Menschen, die Urlaub einfach nicht mehr bezahlen können – das ist eine Zahl, die schwer im Magen liegt, und jede Umsatzsteigerung gegenüber Vor-Corona entlarvt als Durchlauf-Erhitzer wegen der gestiegenen Preise. TUI muss also „unten“ wildern, ohne am eigenen Qualitäts-Image Schaden zu nehmen. 

Da hilft es ungemein, dass das überwiegende FTI Portfolio sich genau an diese Zielgruppe wendet. Ein Schelm, der Böses denkt, wenn jetzt die gestrandeten FTI Urlauber (überwiegend aus dem früher für Hannover eher nicht so interessanten Preiswert-Segment) mit Sonderkonditionen umgarnt werden. Zur Zeit gilt es, bei den vielen Preis-Nachverhandlungen bei den Hoteliers vor Ort nur noch eine PR-Sprachregelung zu finden, die die eigenen, gehegten Frühbucher nicht vergrätzt. Nennen wir es doch einfach „unverhofftes wir-kümmern-uns-um-Sie Last Minute“. Anyway. Den Urlauber auf kurzfristiger Suche nach Angeboten 2024 wird’s freuen.