Wahrer Luxus? Hühner, die goldene Frühstückseier legen und Walking Safari Flucht vor dem Nashorn...? Illustration © Jürgen Drensek / MJ

Luxus ohne Bling Bling Glamour
Die interessante Klientel von Airtours und Co

Kommentar: Jürgen Drensek

Lasst uns über Geld reden. Also nicht über das, was uns möglicherweise fehlt. Nicht über Handelsdefizite, Preissteigerungen und schwierige Weltwirtschaft. Bloss nicht schon wieder so ein schlechte-Laune-Thema, das uns, verbunden mit den täglichen Horror-Nachrichten aus der politischen Hölle, zunehmend unpässlich macht und ins Cocooning treibt – um jetzt nicht den Begriff der inneren Emigration touristisch zu verniedlichen.

Nein, hier soll es ums Geld gehen, das einzelne im Überfluss haben. Und eher um die Schwierigkeit, es sinnvoll hedonistisch auszugeben. 363 Milliarden Dollar wurden letztes Jahr in Luxusgüter Glücks-investiert. 278 Milliarden Dollar in High End Reiseerlebnisse. Das ist doch ein Markt, bei dem Travel-Manager feuchte Träume bekommen.

Allein 140 Milliarden wurden vom Reisebudget da für Übernachtungen in Luxushotels reserviert. Da mögen Alltours Manager hilflos-neidisch drauf blicken – aber die von Airtours lehnen sich angesichts solcher Zahlen genüsslich zurück und harren der Kundenwünsche der Expedienten-Kategorie „Unmögliches wird sofort erledigt, nur Wunder dauern ein paar Tage länger“. 

Ja, vor allem der stationäre Vertrieb – vorausgesetzt, wirklich professionell geschult und reiseerfahren – wird durch das Thema Luxus elektrisiert. Allein in Deutschland gibt es 2,7 Millionen Menschen, die sich Millionär nennen dürfen. Die wenigsten von denen haben die Zeit und die Lust, sich auf Internetseiten und Portalen ihre Reise selbst zusammen zu basteln. Da ist der Counter nach wie vor der erste Ansprechpartner. Faustregel: je exklusiver die Reise, desto höher der Beratungsbedarf. Und die Reisebutler-Funktion des Reisebüros. Denn, was Luxusreisende gar nicht mögen, sind unvorhersehbare Beeinträchtigungen ihrer knappen Freizeit. 

Smart sind sie natürlich auch, weswegen Pauschalreisen nur etwa ein Drittel der Reisebuchungen betreffen. Nicht etwa, weil man kein Pauschali sein mag – die meisten der verwöhnen Klientel sind aber beruflich so viel in der Luft, dass das dicke Prämienmeilen-Konto für den Familienurlaub gerne geplündert werden kann.

Wie muss man sich nun die klassische Airtours-Landverschickung vorstellen? Logisch kommt die Limousine mit Chauffeur zur Abholung zum Flughafen, wo schon, unabhängig von der Buchungsklasse die Airport-Lounge wartet mit dem ersten Gläschen Champagner. Sehr trendig geworden ist angeblich auch der Switch vom klassischen Klassen-Flugzeug zum Privatjet. Das mag bei einer Großfamilie preislich tatsächlich kein großer Unterschied sein – wenn man mal die persönliche CO2 Bilanz kulant vergisst – aber wird offensichtlich auch genutzt von Menschen, deren Ausgabe-Verhalten nicht nur in der Kreuzberger Spontikneipe einen leicht obszönen Hautgout verströmen würde. Wie die tatsächlich verbürgte Geschichte von Frauchen, die ihren Schosshund von Bremen nach Mallorca im Learjet nachkommen ließ… Allein..-

Ach ja, wir wollen noch ein wenig weiter träumen. Am Zielflughafen wartet natürlich wieder die Limousine mit Chauffeur, um hurtig in eine der etwa 4.500 Luxusresorts weltweit gebracht zu werden, damit endlich die ersehnte Entspannung von der harten Anreise beginnt. Das Hotel könnte natürlich auch ein Luxusschiff sein oder der Beginn einer komplett individualisiert von den Airtours-Travel-Designern ausgearbeiteten Privat-Rundreise.

Alles handverlesen und kuratiert. Denn Luxus heute ist kein einfaches Geschäft mehr. Früher reichte eine bekannte Hotelmarke der 5-Sterne-Plus Kategorie mit güldenen Wasserhähnen, um die happy few der Besserverdienenden zufrieden zu stellen. Heute muss das einzigartige Erlebnis geboten werden. 

Manchmal mutet das leicht skurril an, wenn die sinnsuchenden Verwöhnten nach einem hohen fünfstelligen Reisebudget wieder daheim angekommen von den hoteleigenen Hühnern schwärmen, die mit Klassik-Musik beschallt wurden, und denen sie jeden Morgen ihr persönliches Frühstücksei aus dem Pupsloch ziehen sollten fürs Omelette. Oder die Nächte am Kopfhörer, um auf einem noblen Expeditionsschiff nach außerirdischen (sic!) Signalen zu horchen. Gar nicht zu reden vom Megatrend der Walking Safari in Namibia auf der Spurensuche nach dem Spitzmaul-Nashorn. Hoffentlich ist noch Kondition da zu Weglaufen bei einer tatsächlichen Begegnung der Dritten Art.

Es muss halt Besonders sein. Das hat auch Hapag Lloyd verinnerlicht, die Reederei mit den seit Jahrzehnten bestbewerteten Schiffen der Welt. Die Klientel sucht nicht mehr nach einem Status-Symbol, sondern nach einem Lebensstil, bei dem sie selbst bestimmen, was sie sich gönnen wollen. Gerade auf den Expeditionsschiffen geht es um das „grenzenlose“ Abenteuer. Den Begriff Abenteuer würden angesichts der Rundum-Sorglos-Bemühungen seitens der Crew die echten Forscher in der Wildnis zwar durchaus in Frage stellen angesichts der Endorphin-Kaskaden, die alleine schon das Umsteigen auf ein Zodiac Beiboot erzeugt, aber es kommt halt immer auf die Betrachtungs-Perspektive an. Ein kleines Risiko fährt halt immer mit: die Natur, und vor allem das Wetter, kann man einfach nicht Vorausbuchen. Selbst mit Airtours nicht.

(Fast) alles andere schon. Glück lässt sich planen. Das wissen die Air-Touristen genau. Denn die Psychologie ihrer Klientel ist gar nicht so kompliziert, zu entschlüsseln: Selbst-Bestätigung, Zugehörigkeit, Liebe und Status sind in unterschiedlichen Mixturen die Bausteine zum Glück. Gerade in dieser Zeit der multiplen Ängste mit dem Ohnmachtsgefühl, das sie auslösen, ist der reisetherapeutische Ansatz fast immer der Stress-Ausgleich als Belohnungssystem für die Selbst-Wirksamkeit. 

Da werden sündteure Longevity Programme aufgelegt gegen die Zombie-Zellen der Alterung. Ziel, sie in Schach zu halten für die leider trotzdem nicht ewige Jugend.

Da sollen Mindful Travel-Erlebnisse die glücklichen Glocken durch Achtsamkeit und Ruhe klingen lassen. Yoga, Tinkturen, Salbungen und Streicheleinheiten eben nachts unter dem Sternenhimmel. Wer kann sich da nicht fallen lassen?  Das Rauschen des Meers gibt es sogar gratis dazu.

Es sind eben die besonderen Erlebnisse, die vor allem ihr Glücksgefühl dadurch erzeugen, dass man hinterher über sie blumig erzählen kann – und sich sicher sein darf, dass da keiner schnöde antwortet, ja, kenne ich auch, fand ich aber nicht so prickelnd…

Kleiner Tipp: bei einem der neuesten Angebote – auch bei Airtours vorausbuchbar – können die Teilnehmer da ziemlich sicher sein, dass ihnen niemand die Show stiehlt: nur 200 stehen weltweit bereits auf der Warteliste. Da sollte man auf der nächsten Gartenparty sicher im Zentrum des Interesses stehen: eine Ballonfahrt. Ja, richtig gelesen. Ein großer Ballon, ein geschlossenes Kabinchen angehängt, um es kommod zu halten. Zwei Stunden schweben nach oben, da zwei Stunden herumfahren und wieder zwei Stunden zum Landeplatz. That’s it. Kostet schlappe 120.000 Euro. Also etwas mehr als 330 Euro pro Minute. Dafür wird man auch bis zur Stratosphäre hoch losgeschickt und hat ein Raumfahrterlebnis light. Wenn das keinen Protzwert hat. Schreien vor Glück 😉