TUI sieht Sommer-Boom
Es wird wie wild gebucht

Kommentar: Jürgen Drensek

Die meisten der seit März letzten Jahres doch arg gebeutelten Reise-Veranstalter (manche vor allem Fernreise-Spezialisten hadern noch) fühlen sich derzeit so, wie in seligen Zeiten, als am Montagmorgen die Türen zum Sommerschluss-Verkauf geöffnet wurden, und Kaufwillige am Rande des Nervenzusammenbruchs an die Grabbeltische fluteten. Dieser Juni ist der neue Frühbucher-Januar; also der Jahresanfang, wo normalerweise die Buchungssysteme Hitzewallungen bekommen. 

Es wird wieder reserviert, als gäbe es kein Morgen. Endlich raus, endlich auf die Sonnenliege, endlich ans Meer. 

TUI, der mit Milliarden-Krediten gepamperte Marktführer, gibt sich schon verhalten optimistisch, dass dieses Urlaubsjahr vielleicht mit 75% verkaufter Kapazität des seligen Topjahres 2019 abschließen kann. Manche Destinationen werden jetzt schon eng.

Und es scheint derzeit so, dass die Prognosen des vorsichtigen Reise-Starts mit Bedacht und Fokus auf heimische Regionen von der normativen Kraft des Faktischen überrollt werden: nein, nicht Deutschland – obschon die Küste verlässlich läuft – ist es, der klassische Badeurlaub rund ums Mittelmeer und auf den Kanaren macht wieder das Rennen. Die gerade buchenden Urlauber sehnen sich offensichtlich nach den Monaten der Entbehrung und der – wenn überhaupt – Bewegung im eigenen Land wieder nach den vertrauten Zielen. Mallorca boomt, wie überhaupt Spanien, Griechenland und – jetzt ganz schnell aufholend – die Türkei. 

Was die TUI besonders freut: obwohl die Basispreise durchaus vergleichbar sind zu 2019, klingelt es doch gerade stärker in der Kasse. Den ersten richtigen Urlaub seit langem lassen sich die Kunden durchschnittlich 13 Prozent mehr kosten. Man sucht sich höherwertige Produkte aus, es darf ein bisschen mehr Luxus sein, mehr Genuss, und auch gerne etwas länger.

Doch die wichtigste Ursache für den „Boom“ scheint die der Veranstalter-Reise attestierte Sicherheit zu sein. Die Erfahrungen des letzten Sommers, aber auch rund um Ostern, haben gezeigt, dass Reisende, die organisiert unterwegs waren, in keinster Weise Pandemietreiber waren. Zu dicht ist das Gesundheitsnetz – wenn die Reisekette zentral organisiert wird – vom Flug über den Transfer bis ins Urlaubshotel. Die Pauschalreise war bei Ausbruch der Pandemie noch ein Sicherheitsbonus für all die, die sich gerade irgendwo auf der Welt aufhielten; sie ist jetzt im Bewusstsein der Urlauber offensichtlich auch wieder der stressfreieste Weg, das Land zu verlassen.

Was bleibt, ist das hohe Informationsbedürfnis der angehenden Urlauber. Kein Wunder, bei all den unterschiedlichen und oft schnell wechselnden Vorschriften und Reise-Anforderungen. Steilvorlage für die Buchung im Reisebüro. Selten war die Expedienten-Beratung so wertvoll wie heute. Und genau da hat die TUI derzeit ein kleines Spannungs-Problem. Bei aller Mantra-artigen Beteuerung, wie wichtig man den Stationären Vertrieb nehme, hatte es in der internen Kommunikation und Service-Erreichbarkeit während der Pandemie vernehmlich gerumpelt. Nun sollen zwar bei den sich gerne in den Social Media Kanälen am lautesten zu Wort meldenden Expedienten einige gar nicht Agentur-Partner sein, oder wenn, dann nicht gerade die Umsatz-Kings oder Queens… – aber manche gar nicht klammheimliche, sondern lustvoll publizierte Freude von Mitwettbewerbern über eine angeblich neue Liebe des Stationären Vertriebs zu ihnen sollte in Hannover doch zu denken geben, dass man bei aller Lust am digitalen Eigenvertrieb noch sehr lange auf das Wohlwollen der klassischen Partner angewiesen ist. 

Denn der Buchungsboom gerade – so optimistisch stimmend er auch ist – hat noch keine Nachhaltigkeit. Es ist einfach der mit lautem Plopp herausspringende Sektkorken. Aber ist die Flasche einmal offen, wird das Blubberwasser schnell schal.