Im Journalismus gilt sie (man mag sagen, leider…) als eine der wichtigsten, weil Erfolgs-erprobten Handlungsanweisungen: „Only bad news are good news“ Je schlimmer die Situation, desto besser für die Schlagzeilen. Interessant, dass mittlerweile auch eine andere Berufsgruppe von diesem Mantra profitiert: nämlich die Produzenten und Vermarkter von Luxusreisen.
Seien wir ehrlich. Zur Zeit ist es absolut kein Vergnügen, sich Nachrichten anzuschauen, oder sich quälend durch die Tageszeitung oder News-Magazine zu blättern. Die ganze Welt scheint aus den Fugen, nur noch Drama. Von den großen menschengemachten Verwerfungen bis hin zum allgegenwärtigen Alltagsstress. Kein Wunder, dass der Eskapismus gerade von den Sozial-Forschern als der absolute Megatrend benannt wird. Und wer kann diesen Fluchtreflex am schönsten ausleben? Logo, Menschen mit (grenzenlos) viel Geld.
Und so boomen derzeit Veranstalter wie Airtours, die sich konsequent dem absoluten High-End der Landverschickung widmen. Wenn Geld keine Rolex spielt, und es egal ist, was die Welt lacostet, dann schlägt die Stunde der Experten-Teams, die die ultimativen Urlaubsträume maßgenau entwerfen.
Und wir reden hier nicht über irgendwelche „profanen“ 5-Sterne-Herbergen. Ja, die sind natürlich auch im Portfolio. Als Butter & Brot-Grundlage sozusagen für Reiseerlebnisse.
Nein, wenn man den Airtouristen glaubt, geht der Verkauf heute über die geschundene Seele der Superreichen. Das Allerletzte, das man während des so dringend nötigen Erholungsurlaubs haben möchte, ist die Vermischung mit Krethi & Plethi. Weder auf dem Flughafen, noch beim Transfer, noch vor Ort. Alles soll schön draußen bleiben vor der eigenen Blase. Vor allem der Stress – von dem man im Alltag schon genug hat, um das Geld zu verdienen, das man jetzt ausgeben möchte.
Das ist übrigens in der Regel fünfstellig, wobei Airtours-Gäste schon gerne mal über 20.000 Euro ausgeben – und als kleines Pamper-Goodie dafür auch mit dem Privat-Chauffeur daheim abgeholt werden, damit der Urlaub bereits von Anfang an beginnt. Hoffentlich ohne Stau auf dem Weg zum Flughafen.
Aber natürlich ist der aufgeklärte Luxusreisende von heute – der schon im vorigen Jahrhundert die Ritz Carltons der Welt am Orchideen-Geruch in der Lobby erkennen konnte – nicht einfach nur ein grundfauler Sack, der sich auf irgendeine für Normalmenschen unerreichbare gepolsterte Pool-Liege – natürlich in Sänften-Qualität – transportieren lässt.
Nein, der Luxus heute besteht im Erlebnis. Phantasie statt Protzerei. Das Reisen wird zum Egotrip. Ich will die besten aller Gefühle, ich will die persönlich für mich designten Wow-Effekte, aufgereiht, wie eine Perlenkette. Wenn alle Welt zu den Instagram-Spots strebt, um schnarch-langweilige Kopie-Beweisstücke zu knipsen oder auf den Spuren der Filmproduktionen oder Buch-Helden über den touristischen Globus stolpert – soll sie doch. Ich leiste mir für mein Luxus-Bedürfnis den Ort, der ihnen verschlossen bleibt, oder die Zuwendung, oder die Mini-Abenteuer, die es nur für mich gibt.
Oder ich nutze die Quality-Time (der Effizienz-Gedanke lässt sich bei Leistungs-Trägern eben nie ganz abschalten) für die Selbst-Optimierung. Lomi Lomi Streichelei oder Hot-Stone Massage.. ja mei, nimmt man gerne auch mal mit. Aber der Trend, den man sich in der Umkleide des Golf-Clubs gerade zuhaucht, heisst Longevity. Langlebigkeit. Immer mehr Luxus-Resorts haben sich still und diskret zu Sanatorien 2.0 entwickelt – mit Ärzteteam und Gesundheits-Coaches. Da werden Gene analysiert, subkutane Zell-Booster gespritzt, es wird in Kryokammern bei minus 140 Grad gebibbert, oder auch sublime Schönheits-Korrekturen geplant. Natürlich nur minimalst invasiv, denn die Luxus-Tage möchte man ja schließlich nicht bandagiert oder mit Wehwehchen ruinieren. Aber alles mit sich tun lassen, um runderneuert wieder in den Alltag zurückzukehren.
Und dabei soll natürlich auch das gute Gewissen durchaus gestreichelt werden. Auch wenn die Reiseanalysen seit Jahren aufdecken, dass dem gemeinen Urlauber Umwelt-, und Sozialverträglichkeit pupsegal sind – allen Umfrage-Beteuerungen zum Trotz – im Luxussegment gehört die inszenierte Achtsamkeit zur Rosenkranz-Absolution. Natürlich wird da vor allem der Feel-Good-Faktor getriggert, wenn die sündhaft teure Anlage ein Eco-Zertifikat hat, lokal für die Küche einkauft (der Champagner muss natürlich trotzdem ausreichend kaltgestellt sein), oder Lebensräume schützt, weil sie so remote ist, dass wirtschaftlich vernünftiger organisierter Urlaub unmöglich wurde. Oder es werden schöne Geschichten geliefert für die leicht gruseligen Reise-Abenteuer-Erzählungen in der Bridge-Runde: wie sehr man sich doch zusammenreissen musste, die schönen Manolo Blahnik Schlappen freiwillig einschließen zu lassen, weil das Label „Barefoot-Island“ konsequent umgesetzt wurde, trotz des Pflasters am linken Zeh… Oder dass man die sündhaft teure Paraben-verseuchte Sonnenmilch und das Shampoo aus der Edel-Drogerie eintauschen musste gegen so eine etwas müffelige Bio-Plörre, damit die süßen Nemo-Fischlein im Riff keinen Schaden nehmen… Quelle Scandale für die Frisur, aber was tut man nicht alles, um die Welt zu retten…
Ja, Luxus ist ein lust-, und last-voller Trend. In den letzten 5 Jahren ist das Segment gegenüber Premium um ein Viertel gewachsen. Es ist keine spleenige Nische mehr, sondern einer der wichtigsten Wachstumsmärkte – für die Veranstalter, die es können. Und die kann man wahrscheinlich an ein bis zwei Händen abzählen.
Die 5000 € Einstiegsmarke scheint überhaupt keine Schranke mehr zu sein; kein Wunder, angesichts etwa 2,7 Millionen Millionäre allein in Deutschland. Und wenn die Top-Global-Hotel-Player wirklich investieren, dann in den bedingungslosen Luxus.
Man kann also davon ausgehen, dass es hier nicht um ein Marketing-getriebenes Strohfeuer handelt, sondern um eine mindestens mittelfristig stabile Entwicklung. Es ist eine, die wir seit Corona beobachten. Die soziale Schere im Urlaubsmarkt, bei der die Mitte zwischen den beiden Flügeln „billig“ und „bling-bling“ zunehmend unter Druck gerät angesichts der Preisspirale.
Für Private Travel scheinen goldene Zeiten anzubrechen – selbst, wenn man goldene Wasserhähne schon lange nicht mehr verkauft. Für den Reisevertrieb sind das eigentlich gute Nachrichten. Denn einen 20.000 + Euro-Trip bastelt man sich in der Regel nicht im Internet zusammen.
Es heisst aber auch, wirkliche Anstrengungen in der Qualifizierung voranzutreiben. Denn, um Luxusreisende zu betreuen, braucht es Kontakte, wirkliches Expertenwissen, und einen aufopfernden Service-Gedanken. Die Provision wird es danken.
Und jetzt raten Sie mal, wo die umsatzstärksten Vermittler ihre Inspirations-Büros haben? Nicht unbedingt in den besten Citylagen der deutschen Metropolen. Memmingen und Landshut spielen in der Top-Liga. Wenn das kein Ansporn ist…